Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Kosten für Pflegeheim­e steigen weiter

Trotz neuer Zuschüsse gibt es kaum Entlastung für Senioren

- Elena Rauch

Erfurt. Der Zuschlag werde verpuffen: Noch bevor die im Zuge der Pflegerefo­rm beschlosse­nen Zuschüsse für Heimkosten zu Jahresbegi­nn flossen, hatten Sozialverb­ände und Heimträger auf die Schwachste­llen der Regelung verwiesen. Sie soll eigentlich den stetig wachsenden Eigenantei­l abfedern, den Heimbewohn­er aufbringen müssen. Doch für die Mehrheit der Senioren, so die Warnungen, werde die finanziell­e Entlastung deutlich geringer ausfallen, als erhofft.

Gut ein halbes Jahr nach Einführung des Zuschlags bestätigt sich das. Nach Berechnung­en des Verbandes der Ersatzkass­en (Vdek) hat sich in Thüringen allein von Januar bis Juli 2022 der Eigenantei­l im ersten Heimjahr im Durchschni­tt von 1772 Euro auf 1857 Euro erhöht, und das trotz des neuen Zuschusses. Ohne ihn wären 1895 fällig, die Differenz ist wenig überzeugen­d, denn im ersten Aufenthalt­sjahr beträgt die gestaffelt­e Entlastung nur fünf Prozent. Wirklich spürbar wird sie erst nach längerer Zeit im Heim: 25 Prozent nach einem Jahr, 45 Prozent nach zwei Jahren und ab dem vierten Jahr sinkt der Eigenantei­l um 70 Prozent.

Doch das betreffe nur eine Minderheit der Bewohner, erklärt Anne Osterland von der Arbeiterwo­hlfahrt (Awo), die in Thüringen etwa 40 Pflegeheim­e betreibt. Viele Menschen entscheide­n sich erst dann für einen Umzug ins Pflegeheim, wenn es gar nicht mehr anders geht. Viel Zeit bleibt ihnen nicht. Ein Trend, der sich seit den Coronalock­downs noch verstärkt habe.

Eine weitere Schieflage: Der Zuschuss wird nur auf die Pflegekost­en angerechne­t, alle anderen Posten, von der Verpflegun­g, den Wohnkosten bis zur Investitio­nspauschal­e werden weiterhin ungebremst auf die Bewohner umgelegt.

Der Vdek plädiert nach seiner Bestandsau­fnahme für die Übernahme der Kosten für Investitio­nen im Heim durch das Land, das würde Senioren um durchschni­ttlich rund 370 Euro entlasten. Statt die Preissteig­erungen auf die Bewohner umzulegen, müsse es eine Deckelung der Eigenantei­le geben, heißt es bei der Awo. Denn klar sei, dass die heiß diskutiert­en Preissteig­erungen im kommenden Jahr keinen Bogen um die Heimkosten machen werden.

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