Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Sting schwelgt in seinen Hits
Die „My Songs“-tour bietet den Fans einen Abend mit dem Besten aus „Police“-zeiten und seiner Solokarriere
Erfurt. Der Fahrradhändler des Vertrauens radelt den Berg zur Messe hinauf. „Na? Heute zu Schting?“, flachst er. „Wir haben ja lang genug gewartet“, und ist weg. Im Foyer macht ein Pärchen aus Jena ein Selfie mit Sting… der auf einem Bildschirm an der Decke zu sehen ist. Ein Weltstar in der mit 9000 Fans ausverkauften Erfurter Messehalle. Ehrlich, wann gab es das zuletzt?
„Message in a bottle“zum Auftakt
Sting zupft sich – kaum ist er auf der Bühne – fast unbemerkt in den Basslauf einer seiner Welthits. „Message in a bottle“. Was schon sagt, es gibt heute das Beste seitdem „Police“mit „So lonely“bei „Top of the Pops“rockten. Und in diese lange Zeit passen viele Hits, sowohl aus seiner Zeit mit dem in der New-wave-zeit gestarteten Trio als auch aus der Solokarriere. „Englishman in New York“und „Every little thing she does is magic“, dreimal lässig in die Hände geklatscht und das Publikum gehört ihm.
Gordon Sumner, wie Sting bürgerlich heißt, verblüfft aber an diesem Abend weniger mit den Hits, die jeder sowieso aus dem Radio kennt, als mit der unverändert kraftvoll-klaren Stimme, die in allen Nuancen die Songs aus vier Jahrzehnten erklingen lässt. Die typisch hohen und laut gesungenen Passagen, da ist – und das, wie sich zeigt, bis zum Ende – kein Ermüden oder gar ein alternder Rockstar zu hören. Etwa bei „If I ever lose my faith in you“
vom Album „Ten Summoner’s Tales“von 1993. Sting trifft jeden Ton und bedient fast liebevoll, spielerisch nebenher sein Instrument. Er war nie der Bassknecht. Und kein
Rock-popmusiker holte wohl dieses, sein Instrument so überzeugend in die erste Reihe wie er.
Wenn ein 70-Jähriger auf der Bühne steht, ist auch das Publikum gewiss
in den guten Jahren angekommen. So passt es, dass die Band einen ausgesprochen ausgefeilten Sound auf die Bühne bringt. Gediegen geht es zu. Für das Wasserglas und eine Tasse des Künstlers gibt es ein extra klein-feines Tischchen. Bei „Fields of Gold“wird schnell mal per Licht und Projektionen eine sakrale Stimmung in den Saal gezaubert. Sterne kreiseln an der Decke.
Das ist das, was die Leute wollen und bejubeln. Aber auch Sting scheint nach langer Zeit der Bühnenabstinenz an seiner persönlichen Hitparade Gefallen gefunden zu haben. Die vorzüglichen Musiker und die Dame und Herren aus dem Background können in kurzen Solopassagen ihr Können aufblitzen lassen, veredeln so die zweifelsfrei außergewöhnlichen und zeitlosen Pop-songs wie „King of pain“oder „Walking on the moon“. Wer hier Sting das erste Mal live erlebt, braucht nicht verpassten früheren Gelegenheiten nachzutrauern. Dass hie und da ein paar Kanten fehlen, die die ungestümen „The Police“ausmachten – geschenkt.
Akustische Songs bieten magische Momente
Was man noch im Ohr hat von Police oder dem Solomusiker, es kommt im Laufe des Abends. Da wird als erster Rausschmeißer „Every breath you take“von der Bühne gestampft. Und dann wird es – wie zur Mitte des Konzertes bei „Shape of my heart“– noch einmal magisch, als in der Zugabe „Fragile“akustisch – diesmal Sting mit der Gitarre – erklingt. Der Jubel und die Glückseligkeit in den Gesichtern der Besucher sagen, dass sich an diesem Abend alle einig sind: „Every little thing HE does is magic.“