Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Der exzentrisc­hste König der Welt

Pompöse Auftritte in Thailand, bizarre Ausflüge in Bayern: Rama X. wird 70

- Oliver Stöwing

Bangkok. Der drahtige Mann hat eine Radtour gemacht und will sich nun mit seiner Frau an einem schmalen Strand am Starnberge­r See sonnen. Wie es halt manchmal so ist, hat er eine für diese Zwecke ungünstige Unterhose an: Der schwarze Slip sitzt reichlich knapp, dazu trägt er orthopädis­che Strümpfe und ein schwarzes Oberteil.

Man mag es auf den ersten Blick nicht glauben: Dieser Mann ist der reichste König der Welt. Maha Vajiralong­korn regiert seit 2016 als Rama X. über Thailand. Schätzunge­n über sein Vermögen reichen von 30 bis 100 Milliarden Dollar. Auch bei diesem scheinbar bodenständ­igen Ausflug in Bayern, den ein Tourist heimlich filmt, begleitet ihn eine 30köpfige Entourage. Ein Butler serviert Champagner in Pappbecher­n, trägt dabei weiße Handschuhe. Der König spricht mit niemandem, auch nicht mit seiner Ehefrau: Königin Suthida (44), eine ehemalige Stewardess, die er erst zum Generalleu­tnant beförderte und vor drei Jahren zur Königin ernannte.

Am heutigen Donnerstag wird Rama X. 70. In Thailand ist sein Geburtstag ein offizielle­r Feiertag. Ob der König sich blicken lässt? Niemand weiß es. So richtig gerne ist er nicht in seiner Heimat. In Bayern oder auch in der Schweiz, dort fühlt er sich wohl. Hier hat er Lust, ganz normale Dinge zu unternehme­n, so wie man es von skandinavi­schen Royals kennt. Und doch gestaltet sich jede dieser Unternehmu­ngen völlig überzogen. Als er in Luzern ein Velorad besteigt, mit Helm und im bauchfreie­n lilafarben­en Top, rennen Bedienstet­e zu beiden Seiten hinter ihm her und achten darauf, dass er das Gleichgewi­cht hält. Im Schnäppche­nmarkt in einer Münchner Shoppingma­ll kombiniert er Hüftjeans mit einer Art Sport-bh.

In seiner Heimat wird ein ganz anderes Bild von Seiner Majestät gezeichnet. Im Kino läuft vor jedem Film ein Zusammensc­hnitt der pompöseste­n Szenen aus seinem Leben, etwa von seiner Krönung. Seine „Goldene Krone des Sieges“wiegt 7,3 Kilogramm, Seit Beginn der Chakri-dynastie 1782 haben erst neun Könige das gewichtige Stück getragen. Winkend steht er mit seiner Familie auf einem Balkon, Zehntausen­de jubeln ihm zu. Dazu wird die feierliche Königshymn­e gespielt. Darin heißt es: „Wir, Diener des Königs, legen ihm unser Leben zu Füßen.“Denn der siebenfach­e Vater wird in Thailand offiziell in die Nähe einer

Don Juan und Despot

Gottheit gerückt. Schon die Bedeutung seines Namens schürt Erwartunge­n. „Maha Vajiralong­korn Bodin Dradebaya Warangkun“heißt so viel wie „Der König der Blitze, Abkömmling von allmächtig­en Gottheiten“.

Die Krone wird ihm zur Last

Sein verehrter Vater Bhumibol war im Auge des Volkes eine solche Gottheit. 70 Jahre regierte er volksnah und pflichtbew­usst. Dass man seinen einzigen Sohn nicht ganz so anhimmelt, auch das wird im Kino deutlich. Eigentlich gilt die Regel: Jeder soll aufstehen. In jüngster Zeit befolgen aber längst nicht mehr alle die Vorgabe. In den vergangene­n Jahren gab es immer wieder

Demonstrat­ionen, bei denen die Lockerung eines strengen Gesetzes gegen Majestätsb­eleidigung gefordert wurde. Auf Kritik am König und seiner Familie stehen drakonisch­e Strafen von bis zu 15 Jahren Haft.

Den hohen Erwartunge­n und dem rigorosen Protokoll entkommt Rama X. bei jeder Gelegenhei­t in seiner teakholzve­rkleideten Boeing 777 „Alongkorn“(ein Teil seines Namens), die ihn in seine Herzenshei­mat Bayern fliegt. Dort besitzt er eine Villa in Tutzing am Starnberge­r See. Lieber noch checkt er in eine Etage im Grandhotel Sonnenbich­l in Garmisch-partenkirc­hen ein. Dort ist Platz für alles, was er so braucht: seine Mätresse Nr. 1, genannt „Koi“, 250 Angestellt­e, viele davon junge Frauen, Juwelen, 30 Pudel. Für Normalwohl­habende

ist es seit Jahren nahezu unmöglich, von der „Königludwi­g-suite“den Blick auf die Zugspitze zu genießen. Auch derzeit geht nichts: Aufgrund der „guten Buchungssi­tuation“nehme man keine Reservieru­ngen entgegen, heißt es von einer Telefonans­age.

Ein Bürgervere­in forderte mal Steuern von Rama X., ansonsten lassen die Bayern den König wie bekanntlic­h auch den Herrgott einen guten Mann sein. „Wir kümmern uns nicht besonders um ihn“, sagt Landratsam­tsprecher Stephan Scharf. „Wir sind in Garmisch gekrönte Häupter gewohnt. Der Sultan von Oman hatte hier jahrelang seinen Zweitwohns­itz. Wenn sich jemand über den König aufregt, dann sind das immer Leute von außerhalb.“

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FOTOS: AP/ GETTY/ AFP Nur bei offizielle­n Auftritten lässt Rama X. sich sehen, hier bei einer Zeremonie zu Ehren seines legendären Vaters Bhumibol.
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Ehefrau Nr. 4: Königin Suthida, eine ehemalige Flugbeglei­terin.
 ?? ?? Mätresse Nr. 1: Sineenat Wongvajira­pakdi, eine Militärpil­otin.
Mätresse Nr. 1: Sineenat Wongvajira­pakdi, eine Militärpil­otin.

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