Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Kein Betreiber: Flüchtlingsheim des Landes steht seit Mitte Mai leer
Während manche Kommunen nicht mehr wissen, wo sie die Ukrainer unterbringen sollen, scheitern alle Ausschreibungen für eine große Notunterkunft des Landes
Erfurt. Seit Mitte Mai könnten in der Halle im Hermsdorfer Gewerbegebiet Ukrainer wohnen. Seit zweieinhalb Monaten stehen dort 700 Betten bereit, um zumindest vorübergehend Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, bevor sie auf Wohnungen oder Gemeinschaftsunterkünfte in den Kommunen verteilt werden.
Wie schon ab dem sogenannten Flüchtlingsherbst 2015 soll die frühere Lagerhalle im Saale-holzlandkreis das einzige große Thüringer Erstaufnahmeheim in Suhl entlasten. Es wird derzeit von den meisten Flüchtlingsbussen angefahren, egal, ob die Migranten aus der Ukraine,
Afghanistan, Syrien, dem Irak oder anderswoher stammen.
Darüber hinaus unterhält das Land nur noch eine kleinere Einrichtung in Eisenberg unweit von Hermsdorf. Dort werden ausschließlich sogenannte Ortskräfte untergebracht, also Menschen, die in den vergangenen Jahren für die Bundeswehr oder deutsche staatliche Organisationen in Afghanistan arbeiteten.
In Hermsdorf selbst sollen vor allem Ukrainer vorübergehend untergebracht werden. Die Massenunterkunft scheint dringend nötig, weil die Kommunen kaum noch wissen, wohin sie mit den Menschen sollen. Sie benötigen Zeit, um Immobilien herzurichten oder Wohnungen zu sanieren. Zudem wird es in Suhl immer voller, weil auch wieder mehr Migranten aus anderen Krisenregionen kommen.
Doch so aufnahmebereit die Halle in Hermsdorf ist, so leer ist sie auch. Es gibt keinen Betreiber, also kein Unternehmen, das sich um Essen, Reinigung, soziale Betreuung und Sicherheit kümmert. Das Land selbst kann oder will dafür kein eigenes Personal abstellen.
Wie es die deutschen Gesetze und europäischen Richtlinien verlangen, wurde der Auftrag vom Landesverwaltungsamt in Weimar öffentlich ausgeschrieben. Das erste Vergabeverfahren begann am 13. April, wurde aber wegen eines Formfehlers nach wenigen Tagen abgebrochen.
Die zweite Ausschreibung startete am 19. April, auf die sich immerhin ein Bieter meldete. Doch am 12. Mai – also etwa zu dem Zeitpunkt, als die Halle bezugsfertig war – stoppte das Amt auch dieses Verfahren. Das Unternehmen erfüllte aus Sicht der Beamten nicht alle Vorgaben. So sollte etwa den Beschäftigten offenbar kein Mindestlohn gezahlt werden.
Also wurde am 23. Mai die dritte Ausschreibung veröffentlicht. Wieder meldete sich laut der Landesbehörde derselbe Bieter, wieder gab es keine Mitbewerber und wieder wurde das Verfahren abgebrochen. Denn wieder entsprach das Angebot nicht den Anforderungen.
Ähnliche Erfahrungen wie das Landesverwaltungsamt sammelten übrigens auch die Kommunen seit
Längerem. Wegen des Personalmangels, der nahezu alle Branchen betrifft, finden sich kaum noch Dienstleister – zumal dann, wenn die bürokratische Hürde groß ist, die Bezahlung übersichtlich und die Arbeit kompliziert.
Nun will das Landesverwaltungsamt die Dienstleistungen einzeln ausschreiben: Catering, Reinigung, Sozialbetreuung. Währenddessen häufen sich die Kosten an; bis Ende Juni waren es rund 127.500 Euro. Dabei wird das Geld zumindest in Teilen nur innerhalb der thüringischen Verwaltung umhergereicht: So geht etwa die Miete von monatlich 21.104 Euro an eine Landesgesellschaft.