Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Unheimliche Idylle
Mit den Malern Mattheuer und Krüger „Unter blauen Himmeln“im Angermuseum Erfurt
Erfurt. Die Gemälde von Markus Matthias Krüger wirken auf den ersten Blick wie Fotografien. Mit feinsten Pinselstrichen erschafft er ruhige Landschaftsbilder. Bäume, Seen und Felder sind perfekt. Zu perfekt. Absurd geometrisch. Bei längerem Hinsehen wird klar: Hier stimmt irgendetwas nicht.
Ab Sonntag zeigt die Sonderausstellung „Unter blauen Himmeln“im Erfurter Angermuseum neben Krügers Arbeiten auch Werke von Wolfgang Mattheuer, der Betrachterinnen und Betrachtern seiner Landschaftsmalerein einen ebenso trügerischen Schein vorgaukelt.
Markus Matthias Krüger, 1981 in Sachsen-anhalt geboren, wirft einen kritischen Blick auf eben diese vermeintliche Idylle des strahlend blauen Himmels.
Für viele Menschen ist dieser ein Symbol für unbeschwerte Sommertage, dann geht es uns meist besonders gut. Unser positives Gefühl, das wir mit warmen Temperaturen und regenfreien Tagen verbinden, müssen wir in Zeiten der Klimakrise allerdings hinterfragen. Schließlich schenkt uns die Klimaerwärmung zwar einerseits heiße Sommer, andererseits straft sie uns mit Überschwemmungen und verheerenden Waldbränden.
Die Ruhe von brennenden Bäumen und Flut
In vielen Gemälden sehen wir solche Katastrophen, allerdings durchaus friedlich dargestellt. Häuser, die bis zum Dach in stillem, sauberen Wasser versunken sind, oder ein brennender Baum inmitten eines geometrisch perfekten Waldes.
Krüger malt mit mathematischer Präzision und macht deutlich, wie übertriebene Ordnung und das menschliche Eingreifen in die Natur aussehen können.
Das Bild „Bucht“von 2020, Acryl und Öl auf Leinwand, zeigt etwa einen See mit überaus geradlinigen Ufern. Künstlich angelegt muss er daher wohl sein, ebenso wie der Wald, dessen Bäume alle gleich geformt sind. Nichts sticht heraus – bis auf die unheimliche Perfektion der vermeintlichen „Natur“.
Krüger selbst sieht seine Werke allerdings nicht als gezielte Zivilisationskritik.
Er konzentriere sich vor allem auf eine ausgeglichene Bildkomposition, sagt er. Für ihn stehe die Verfremdung im Vordergrund. Und so wirken die Gemälde wenig einladend, eher wie ein Modellbau, den die Besucherinnen und Besucher von außen betrachten können.
Ebenso auffällig unauffällige Elemente bergen die Werke von Wolfgang
Mattheuer, der 1927 bis 2004 lebte. Er gilt als einer der Hauptvertreter der Leipziger Schule und beeinflusste daher auch Krügers Studium.
So zeigen sich auch schon die Gemeinsamkeiten der beiden Maler, die mehr als 50 Jahre trennen: Beide widmen sich außergewöhnlichen Landschaftsdarstellungen, beide
studierten an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.
Dramatische Lichtdarstellungen bei Wolfgang Mattheuer
Mattheuers Bilder zeigen jedoch dramatischere Szenen, wie das Gemälde „Gewitter vor Schöneck“von 1980. Im Mittelpunkt steht ein Blitz, der über einer Kirche einschlägt. Doch am Rand hebt sich ein friedlicher Sommertag vom eigentlichen Thema ab, die helle Lichtzeichnung zieht den Blick der Betrachter auf sich.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit der Kunsthalle Jesuitenkirche Aschaffenburg und der Galerie Schwind in Leipzig. 41 Gemälde von Wolfgang Mattheuer und 49 von Markus Matthias Krüger treten hier in einen stillen Dialog. Die Schau zeigt nicht nur, wie unterschiedlichen und spannend Landschaftsmalerei sein kann, sondern auch, wie viele „blaue Himmel“die künstlerische Farbpalette bietet.
Vom 31. 7. bis 6. 11., Angermuseum Erfurt, Di-so, 10-18 Uhr. Katalog zur Ausstellung, 200 Seiten, 19,90 Euro. www.kunstmuseen.erfurt.de