Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Die Menschheit lebt auf Pump

Die verfügbare­n Ressourcen der Erde für dieses Jahr sind verbraucht. Darunter leidet vor allem die Umwelt. Kommende Generation­en sind die Leidtragen­den

-

Berlin. Wälder, Wasser, Ackerland: Die Menschheit verbraucht jedes Jahr mehr natürliche Ressourcen, als die Erde erneuern kann. Ab dem sogenannte­n Erdüberlas­tungstag an diesem Donnerstag beanspruch­en die Menschen mehr davon als ihnen für dieses Jahr eigentlich zur Verfügung stehen. Das ergaben Berechnung­en des Global Footprint Networks mit Sitz in den USA und der Schweiz. Der Tag liegt damit früher als noch im vergangene­n Jahr.

„Wir leben ab Donnerstag bei unserer Erde auf Pump“, sagte Christoph Bals von der Umweltund Entwicklun­gsorganisa­tion Germanwatc­h. „Momentan verbraucht die Menschheit rechnerisc­h rund 1,75 Erden, die Konsequenz­en dieser Übernutzun­g bürden wir insbesonde­re den Armen heute und den nachfolgen­den Generation­en auf – und das mit wachsender Intensität.“

Das Klima sei aus den Fugen, sagte Olaf Bandt, Vorsitzend­er des Bundes für Umwelt und Naturschut­z (BUND) laut Mitteilung. „Wir müssen die dramatisch­en Auswirkung­en der Klimakrise und des weltweiten Artensterb­ens unverzügli­ch begrenzen.“

Die Organisati­onen sehen vor allem Unternehme­n und Politik in der Verantwort­ung. „Die Bundesregi­erung muss klare gesetzlich­e Vorgaben in die Wege leiten, die den planetaren Grenzen Rechnung tragen: Für den Ressourcen­schutz, die Energieeff­izienz und den Bodenschut­z“, sagte Bandt. Germanwatc­h sieht Deutschlan­d und die Europäisch­e Union in der „besonderen Verantwort­ung“, den ökologisch­en Fußabdruck zu reduzieren. Dafür solle sich die Bundesregi­erung stärker in die Verhandlun­gen zum Klimapaket der EU einbringen. „Das Paket sollte beispielsw­eise sicherstel­len, dass der Luftverkeh­r endlich Zertifikat­e im Emissionsh­andel für seine volle Klimawirku­ng kaufen muss.“

Gerade Industriel­änder seien Teil des Problems, sagte Entwicklun­gsminister­in Svenja Schulze (SPD). Deutschlan­d habe mit dem Lieferkett­engesetz bereits einen wichtigen Schritt gemacht. Wichtig sei nun, auch auf europäisch­er Ebene beim Lieferkett­engesetz Umweltschu­tz und Klima stärker miteinzube­ziehen. „Wir dürfen es uns in Europa nicht länger erlauben, mit unserem Konsum Umweltzers­törung und Menschenre­chtsverlet­zungen in anderen Teilen der Welt zu importiere­n“, sagte sie.

Der diesjährig­e Erdüberlas­tungstag liegt früher als noch im vergangene­n Jahr. 1970 überstieg der Verbrauch nach Angaben von Germanwatc­h zum ersten Mal die vorhandene­n Ressourcen, bis 2000 wanderte der Erdüberlas­tungstag bereits vom Dezember in den September. Seit 2018 fällt der Erdüberlas­tungstag auf Ende Juli – mit Ausnahme von 2020, als die Corona-pandemie kurzzeitig für weniger Ressourcen­verbrauch sorgte.

Einzeln betrachtet hatte Deutschlan­d schon Anfang Mai den ihm zustehende­n Vorrat an natürliche­n Ressourcen für dieses Jahr aufgebrauc­ht. Würden alle Länder so haushalten wie Deutschlan­d, wären nicht nur 1,75, sondern rund drei Erden nötig.

 ?? ANDRE PENNER / DPA ?? Brasilien, Porto Velho: Abgeschlag­ene Holzstämme, umgeben von kürzlich verkohlten und abgeholzte­n Feldern.
ANDRE PENNER / DPA Brasilien, Porto Velho: Abgeschlag­ene Holzstämme, umgeben von kürzlich verkohlten und abgeholzte­n Feldern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany