Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Wie Pflanzen helfen, verseuchte Böden zu reinigen
Forschungsarbeit an der Nordhäuser Hochschule hat Altlasten auf Halden den Kampf angesagt
Nordhausen. Wie kann man Böden, die mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) kontaminiert sind, mithilfe von Pflanzen so weit wieder herstellen und sanieren, dass sie wieder nutzbar sind? Dieser Frage stellte sich die Arbeitsgruppe „Strabiorepak“an der Nordhäuser Hochschule.
„Durch Industriebrachen, insbesondere petrochemische Anlagen, und Nutzung mineralölhaltiger Erzeugnisse in industriellen Prozessen existieren in Thüringen und Sachsen Bodenkontaminationen durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Durch Schließung der Deponien ist auch eine Sanierung von Kontaminationen durch Bodenaustausch erschwert bis unmöglich“, erläutert Projektleiter Christian Kassner.
Bisherige Versuche, einen Abbau durch Mikroorganismen vor Ort zu realisieren, scheiterten an der stofflichen Persistenz, das heißt an der schwierigen Abbaubarkeit dieser Substanzen. „In eigenen Untersuchungen an einer sieben Jahre alten
Halde konnten wir zeigen, dass sich die höheren kondensierten PAK kaum abbauen. Ein wesentlicher Grund dafür sind die anaeroben Bedingungen in den Böden zusammen mit der Unlöslichkeit der PAK in Wasser“, erläutert Kassner.
Biologische Abbaumethode kann für Bodenwiederverwendung sorgen
Ziel der Forschungsarbeit der Nordhäuser Arbeitsgruppe sei es, eine biologische Abbaumethode auf Basis der Phytoremediation (Sanierung von Böden mithilfe von Pflanzen) zu finden, die solche Altlasten vor Ort bearbeitet und eine spätere mögliche Wiederverwendung des Bodens im gesetzlichen Rahmen ermöglicht.
Hierzu müssen bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden: aerobe (sauerstoffreiche) Bedingungen, günstige Voraussetzungen, die einen mikrobiologischen Abbau möglich machen und eine kontinuierliche Überwachung der mikrobiologischen Aktivität als Voraussetzung, dass ein Abbau stattfindet.
Die Projektgruppe entwickelt derzeit ein Verfahren, das einen
mikrobiologischen Abbau der PAK im Wurzelraum von bestimmten, in Mitteleuropa heimischen Pflanzen unter nahezu aeroben Bedingungen ermöglicht. „Dazu zählen Luzerne, Honigklee oder einheimische Gräser“, nennt Kassner Beispiele. Es werden Versuche mit diesen typischen „Pionierpflanzen“gemacht, um die Art mit den besten
Abbaueigenschaften für PAK zu finden. Dabei werden im Wurzelraum für die Mikroorganismen ideale Lebensbedingungen geschaffen, die es ihnen ermöglichen, auch die recht hartnäckigen PAK umzuwandeln. Auch die Zudosierung bestimmter Nährstoffe sollte damit möglich sein, um den Prozess zu beschleunigen und in Gang zuhalten. Hierfür wird an einem entsprechenden Drainage- und Belüftungssystem mit einer Dosiereinheit für Nährstofflösung gearbeitet.
„Die ersten Versuche waren recht vielversprechend, mit guten Abbauraten unter Laborbedingungen“, so Kassner. Durch eine kontinuierliche Messung kann der jeweils aktuelle Zustand für eine zum Abbau notwendige biologische Aktivität gemessen und rechtzeitig Korrekturen an Sauerstoffgehalt, Feuchtigkeit und Nährstoffgehalt vorgenommen werden.
Die hierzu notwendige Sensorik ist derzeit in Entwicklung. Dazu hat die Arbeitsgruppe eine Auswerteeinheit gebaut, die aus Controllern für die Sensoren und einem Einplatinen-computer besteht.