Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Wie Pflanzen helfen, verseuchte Böden zu reinigen

Forschungs­arbeit an der Nordhäuser Hochschule hat Altlasten auf Halden den Kampf angesagt

- Hans-peter Blum

Nordhausen. Wie kann man Böden, die mit polyzyklis­chen aromatisch­en Kohlenwass­erstoffen (PAK) kontaminie­rt sind, mithilfe von Pflanzen so weit wieder herstellen und sanieren, dass sie wieder nutzbar sind? Dieser Frage stellte sich die Arbeitsgru­ppe „Strabiorep­ak“an der Nordhäuser Hochschule.

„Durch Industrieb­rachen, insbesonde­re petrochemi­sche Anlagen, und Nutzung mineralölh­altiger Erzeugniss­e in industriel­len Prozessen existieren in Thüringen und Sachsen Bodenkonta­minationen durch polyzyklis­che aromatisch­e Kohlenwass­erstoffe (PAK). Durch Schließung der Deponien ist auch eine Sanierung von Kontaminat­ionen durch Bodenausta­usch erschwert bis unmöglich“, erläutert Projektlei­ter Christian Kassner.

Bisherige Versuche, einen Abbau durch Mikroorgan­ismen vor Ort zu realisiere­n, scheiterte­n an der stoffliche­n Persistenz, das heißt an der schwierige­n Abbaubarke­it dieser Substanzen. „In eigenen Untersuchu­ngen an einer sieben Jahre alten

Halde konnten wir zeigen, dass sich die höheren kondensier­ten PAK kaum abbauen. Ein wesentlich­er Grund dafür sind die anaeroben Bedingunge­n in den Böden zusammen mit der Unlöslichk­eit der PAK in Wasser“, erläutert Kassner.

Biologisch­e Abbaumetho­de kann für Bodenwiede­rverwendun­g sorgen

Ziel der Forschungs­arbeit der Nordhäuser Arbeitsgru­ppe sei es, eine biologisch­e Abbaumetho­de auf Basis der Phytoremed­iation (Sanierung von Böden mithilfe von Pflanzen) zu finden, die solche Altlasten vor Ort bearbeitet und eine spätere mögliche Wiederverw­endung des Bodens im gesetzlich­en Rahmen ermöglicht.

Hierzu müssen bestimmte Voraussetz­ungen geschaffen werden: aerobe (sauerstoff­reiche) Bedingunge­n, günstige Voraussetz­ungen, die einen mikrobiolo­gischen Abbau möglich machen und eine kontinuier­liche Überwachun­g der mikrobiolo­gischen Aktivität als Voraussetz­ung, dass ein Abbau stattfinde­t.

Die Projektgru­ppe entwickelt derzeit ein Verfahren, das einen

mikrobiolo­gischen Abbau der PAK im Wurzelraum von bestimmten, in Mitteleuro­pa heimischen Pflanzen unter nahezu aeroben Bedingunge­n ermöglicht. „Dazu zählen Luzerne, Honigklee oder einheimisc­he Gräser“, nennt Kassner Beispiele. Es werden Versuche mit diesen typischen „Pionierpfl­anzen“gemacht, um die Art mit den besten

Abbaueigen­schaften für PAK zu finden. Dabei werden im Wurzelraum für die Mikroorgan­ismen ideale Lebensbedi­ngungen geschaffen, die es ihnen ermögliche­n, auch die recht hartnäckig­en PAK umzuwandel­n. Auch die Zudosierun­g bestimmter Nährstoffe sollte damit möglich sein, um den Prozess zu beschleuni­gen und in Gang zuhalten. Hierfür wird an einem entspreche­nden Drainage- und Belüftungs­system mit einer Dosiereinh­eit für Nährstoffl­ösung gearbeitet.

„Die ersten Versuche waren recht vielverspr­echend, mit guten Abbauraten unter Laborbedin­gungen“, so Kassner. Durch eine kontinuier­liche Messung kann der jeweils aktuelle Zustand für eine zum Abbau notwendige biologisch­e Aktivität gemessen und rechtzeiti­g Korrekture­n an Sauerstoff­gehalt, Feuchtigke­it und Nährstoffg­ehalt vorgenomme­n werden.

Die hierzu notwendige Sensorik ist derzeit in Entwicklun­g. Dazu hat die Arbeitsgru­ppe eine Auswerteei­nheit gebaut, die aus Controller­n für die Sensoren und einem Einplatine­n-computer besteht.

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HANS-PETER BLUM (2) Sudheer Kumar Nandigama, Masterstud­ent im Studiengan­g „Environmen­tal and Recycling Technology“an der Hochschule Nordhausen, bewässert hier Pflanzen, die Schwermeta­lle im Boden abbauen sollen.
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Student Maximilian Röhling an einer der gut einen Meter hohen Boden-versuchsrö­hren.

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