Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Bleicheröder Synagoge war größer als bisher bekannt
Förderverein Alte Kanzlei bekommt Dokumente vom Berliner Centrum Judaicum – und damit ganz neue Informationen
Bleicherode. Dass sich in der Alten Kanzlei von Bleicherode auf der Westseite der oberen Etage die erste Synagoge der Stadt befand, ist bekannt. Angenommen wurde bisher, es handle sich wohl um den äußeren, am Nachbarhaus 132 gelegenen Raum, der vom benachbarten Gartengrundstück über eine Außentreppe erreichbar war. Die Türöffnung wurde bei der Restaurierung 2005 bis 2007 entdeckt und nicht verputzt. Nun gibt es neue, vielleicht bisher übersehene Informationen.
„Der Förderverein Alte Kanzlei hat vom Centrum Judaicum in Berlin Kopien von weiteren der dort verwahrten Dokumente zum Kaufvertrag
vom 06.01.1790 zwischen der Gräfin Hagen und den Erben des Stadtschultheißen Stöckelmann erhalten“, berichtet Dirk Schmidt, Mitinitiator der Rettung der Alten Kanzlei.
Der Gang durch das Treppenhaus war Juden verwehrt
Dazu gehöre auch der Hypothekenschein vom 30. November 1793, in dem die Verpflichtungen der Gräfin gegenüber den Verkäufern und der jüdischen Gemeinde genau festgehalten wurden. „Daraus ergibt sich, dass die Synagogenregelung alle vier Räume betraf, die in der oberen Etage westlich vom Treppenhaus durch eine abschließbare Tür zu erreichen sind“, so Schmidt. Auch sei festgelegt worden, dass die Juden die Räume nur über eine hölzerne Außentreppe betreten durften. Der Gang durch das Treppenhaus der Kanzlei war ihnen verwehrt.
Die zur Verfügung gestellte Fläche erscheint recht groß. „Aber 1790 gab es in der Stadt 144 jüdische Einwohner. So bestand gewiss Bedarf an Fläche und Räumen für religiöse und schulische Zwecke“, meint Dirk Schmidt. Die Dokumente würden auch bestätigen, dass sich im Obergeschoss der Kanzlei schon vor 1791 eine Synagoge befunden hat, jedenfalls im äußeren westlichen und über die Außentreppe erreichbaren Raum.