Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Ätzende Flüssigkeit läuft aus Container
Großeinsatz des Gefahrgutzuges des Eichsfeldes und umliegender Feuerwehren in Leinefelde dauert die ganze Nacht
Leinefelde. Hinter 76 Feuerwehrleuten lag am Donnerstag eine harte Nacht. Erst um 5.30 Uhr war in Leinefelde der letzte Handgriff erledigt. Fast sieben Stunden hatte bis dahin ein Gefahrguteinsatz in der Schwellenbeize gedauert.
Es war gegen 22.50 Uhr am Mittwochabend, als es, wie die Polizei bestätigt, beim Verladen von Wechselbrücken auf dem Gelände einer Speditionsfirma zum Austritt einer flüssigen Substanz gekommen war. „Ein 29-jähriger Lkw Fahrer wollte nachschauen und kam dabei in Kontakt mit der Flüssigkeit“, heißt es von der Polizei. Sofort habe sich der Arm gerötet, auf der Hand breitete sich Ausschlag aus.
Der gesamte Gefahrgutzug des Landkreises Eichsfeld wurde daraufhin sofort alarmiert. Der Bereich um den Lkw mit dem Container wurde abgesperrt, vier Menschen mussten in der Nachbarschaft vorsorglich ihre Wohnungen verlassen. „Sie haben die Nacht in unserem Feuerwehrgerätehaus verbracht“, sagt Leinefeldes Wehrleiter Florian Hartung.
Die Leitstelle des Landkreises ließ über Warn-apps nicht lange danach eine Warnung an die Bevölkerung herausgeben, sie sollten im Umkreis der Einsatzstelle in den Häusern bleiben, Türen und Fenster geschlossen halten.
Einen Einsatzabschnitt übernahm unter anderem Florian Hartung.
„In den Stahlcontainern werden alle möglichen Waren befördert“, sagt er. In diesem Fall lief die Flüssigkeit, wie sich herausstellte, aus einem Kanister in einem 25-Liter-gebinde aus. Die Feuerwehrleute mussten in Chemieschutzanzügen (CSA) den Container händisch entladen, um heranzukommen und sicherzustellen, dass der Rest der Ladung unversehrt war.
„Sieben Csa-träger waren es. Dazu gehört eine spezielle Ausbildung an der Landesfeuerwehrschule Bad Köstritz“, erklärt Hartung. Doch da die Kameraden maximal 20 Minuten in diesen Anzügen arbeiten dürfen, wurden noch Feuerwehrleute aus Arenshausen, Uder und Breitenworbis nachgefordert, außerdem bat man die Hundeshagener mit ihrer Drohne hinzu, um den Einsatz aus der Luft zu überwachen.
Gegen 3.30 Uhr per App Entwarnung an die Bevölkerung
Ein Teil des Sanitäts- und Betreuungszuges war ebenfalls vor Ort. Um die in Sicherheit gebrachten Anwohner mussten sie sich nicht groß kümmern, wie es hieß, da die Infrastruktur im Feuerwehrgerätehaus von Leinefelde ausreichte. Doch die Helfer blieben samt Rettungswagen bis Einsatzende da, falls ein Feuerwehrkamerad Hilfe brauchte. Gekommen waren zudem auch die organisatorische Leiterin Rettungsdienst, Moreen Heinemann aus Heiligenstadt, und der
zuständige Kreisbrandmeister Silvio Lobing aus Worbis, um sich vor Ort ein Bild zu machen.
Es stellte sich schließlich heraus, dass es sich um eine ätzende Flüssigkeit
handelt. Leitstelle und Polizei bestätigen, dass es sich um einen Reiniger für Melkmaschinen handelte, der eine Konzentration von Natriumhydroxid von 30 bis 50 Prozent
aufweist. „Basisch, also bei Kontakt mit der Haut ätzend“, so Leitstellenchef Thomas Müller. Der Reiniger wurde in sichere Behältnisse umgefüllt.
Gegen 3.30 Uhr konnte wieder per App Entwarnung an die Bevölkerung gegeben werden, doch der Einsatz war noch nicht vorbei. Erst um 5.30 Uhr war in Leinefelde alles zurückgebaut und die Einsatzbereitschaft wieder hergestellt. „Zum Glück blieb der Einsatz auf den einen Container begrenzt“, so Hartung. Doch es sei ein vollwertiger Gefahrguteinsatz gewesen mit Dekontaminationszelt, Pressluft, Wassereinsatz, Schutzanzügen und allem drum und dran.
Der Gefahrgutzug des Eichsfeldes ist auf mehrere Wehren aufgeteilt. Vor Ort waren Bodenrodewesthausen mit einem Messfahrzeug, Berlingerode und Teistungen mit Dekontaminationsausrüstung, Leinefelde und Heiligenstadt mit je einem Gefahrgutwagen Gefahrgut, Worbis mit Gefahrgutwagen Atemschutz und Einsatzleitwagen, dazu Siemerode mit einem zweiten Messfahrzeug und die Wehr aus Birkungen.
Es war nicht der erste Einsatz dieser Art in der Schwellenbeize. Voriges Jahr, so Florian Hartung, habe es exakt den gleichen Einsatz an gleicher Stelle, sogar mit dem gleichen Lkw gegeben, allerdings bei zehn Grad minus. „Die anderen Fahrer auf dem Hof wussten schon, was auf sie zukommt, dass sich in dieser Nacht kein Rad rührt“, sagt er. „Wenn ein Einsatz dieser Art ist, dann ist der gesamte Gefahrgutzug gefragt, nur den halben gibt es nicht“, erklärt Thomas Müller.