Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Vettel hört auf

Der viermalige Formel-1-weltmeiste­r will mehr Zeit mit seiner Familie verbringen

- Andreas Asen

Budapest. Sebastian Vettel nahm ganz in Schwarz gekleidet auf einem Hocker Platz, blickte in die Kamera, atmete einmal tief durch – und sprach dann die Entscheidu­ng aus, die in den vergangene­n Monaten gereift war. „Ich werde meine Zeit in der Formel 1 am Ende des Jahres beenden“, sagte der viermalige Weltmeiste­r in einem Video, das er auf seiner eigens dafür eingericht­eten Instagram-seite verbreitet­e: „Meine Leidenscha­ft für die Formel 1 geht einher mit hohem Zeitaufwan­d, Zeit, die ich mit meiner Familie verbringen möchte.“

Vettel, dessen Vertrag bei Aston Martin ausläuft, holte in dem vierminüti­gen Clip weit aus – und wurde nachdenkli­ch. „Meine Ziele haben sich verändert: weg von Rennsiegen und um Meistersch­aften zu kämpfen, hin zu meinen Kindern“, sagte er: „Ich möchte sie aufwachsen sehen, ihnen meine Werte weitergebe­n, ihnen zuhören und mich nicht mehr verabschie­den müssen. Ich möchte von ihnen lernen und mich von ihnen inspiriere­n lassen.“

Es dauerte nicht lange, da meldeten sich Vettels Wegbegleit­er zu Wort. Mick Schumacher nannte den 35-Jährigen eine „Inspiratio­n“und dankte ihm via Twitter „für alles, was Du diesem Sport gegeben hast, den wir beide lieben“. Für den früheren Weltmeiste­r Nico Rosberg ist Vettel eine „absolute Legende“und einer „der Rivalen, die ich am meisten respektier­t habe“.

Rekordwelt­meister Lewis Hamilton, mit dem sich Vettel so manches Duell geliefert hatte, schrieb von einer „Ehre, gegen Dich antreten zu dürfen und eine noch größere Ehre, Dich meinen Freund zu nennen“.

Er betonte: „Den Sport besser zu hinterlass­en, als man ihn vorgefunde­n hat, ist immer das Ziel. Ich habe keine Zweifel, dass es aufregend, bedeutend

und bereichern­d ist, was auf Dich wartet.“

Für Vettel stand der Motorsport „im Zentrum meines Lebens, seit ich denken kann. Aber es gibt mein Leben auf der Strecke und mein Leben neben der Strecke“, sagte er: „Mich der Formel 1 so zu widmen, wie ich es in der Vergangenh­eit getan habe, wie ich es für richtig halte, und ein guter Vater und Ehemann zu sein“– das passe für ihn nicht mehr zusammen.

Vier Wm-titel, 53 Siege und 122 Podiumspla­tzierungen stehen in seiner Vita, damit ist er einer der erfolgreic­hsten Formel-1-piloten der Geschichte. Nur Michael Schumacher, Hamilton (beide 7) und Juan Manuel Fangio (5) haben mehr Meistersch­aften gewonnen. Vettels bislang letzter Rennsieg liegt drei Jahre zurück, 2019 hatte er im Ferrari in Singapur gewonnen.

Von 2010 bis 2013 dominierte er mit Red Bull die Formel 1, 2015 folgte der Wechsel zu Ferrari. Doch dort blieb ihm der Traum vom Titel mit der Scuderia verwehrt, seit 2021 ist er bei Aston Martin. Seit Wochen wurde über Vettels Zukunft spekuliert, nun beginnt am Sonntag (15Uhr/sky) in Ungarn seine Abschiedst­our, die bis zum Saisonende zehn Rennen umfasst.

Vielleicht auch aus der Perspektiv­e, Vater zu sein, hat sich Vettels Blickwinke­l auf den Motorsport und dessen Verantwort­ung für die Gesellscha­ft verändert. Zuletzt hatte er sich verstärkt für Themen wie den Klimaschut­z und die Rechte der Lgbtq+-bewegung eingesetzt. Immer wieder trat Vettel gegen Rassismus ein. Werte, die er seinen drei Kindern weitergebe­n will.

„Mein bestes Rennen?“, fragte Vettel: „Liegt noch vor mir. Ich glaube an das Morgen. Ich freue mich auf das Unbekannte und neue Herausford­erungen.“Die Formel 1 wird ihn vermissen.

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CLIVE ROSE / GETTY IMAGES Der Heppenheim­er Sebastian Vettel wird am Saisonende seine Karriere als Formel-1-pilot beenden.

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