Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Alle Jahre wieder ...
Geldautomat in Worbis wird „regelmäßig“gesprengt: Thüringenweit gab es acht Attacken im vergangenen Jahr
Kein anderer Geldautomat in Thüringen steht beispielhafter für Beutezüge, als der in der Fußgängerzone in Worbis (Landkreis Eichsfeld). Am frühen Mittwochmorgen war es wieder soweit: Bisher unbekannte Täter sprengten das Gerät und hinterließen eine Spur der Verwüstung.
Alle Jahre wieder: Warum wird immer wieder dieser Automat in Worbis Ziel von Attacken? Seit 2018 hat die Nordthüringer Polizei fünf Angriffe auf das stets neu eingebaute Gerät gezählt. Immer entkommen die Täter unerkannt.
Wie hoch die Beute diesmal ausgefallen ist, dazu kann die Polizei noch keine konkreten Angaben machen. Allerdings lässt sich die Tat, von zwei bis drei Tätern begangen, ziemlich genau nachvollziehen. In einem Nachbarort wird kurz vorher ein Kennzeichen gestohlen, das am Fluchtwagen angebracht ist. Gegen 3 Uhr knallt es in der Stadt dann heftig. Der Geldautomat fliegt in die Luft. Durch die Kraft der Detonation wird die Eingangstür in eine benachbarte Straße geschleudert. Minuten später verschwindet das „schwarze, hochmotorisierte“Fahrzeug. Die eingeleitete Fahndung über Ländergrenzen hinweg bleibt ohne Ergebnis. Am Tatort finden die Ermittler Sprengmittelreste und gehen deshalb von der Anwendung von Festsprengstoff aus.
Kurzzeitig hat die Polizei Hoffnung, die Täter zu erwischen. Aber ein auf der Autobahn 38 festgestellter verdächtiger Wagen geht den Ermittlern doch durch die Lappen.
Die Tat in Worbis reiht sich ein in zahlreiche Automatensprengungen in den vergangenen Wochen. Nur 24 Stunden vorher werden Anwohner in Schweina von einem Knall aus dem Schlaf gerissen. Die Szenerien gleichen sich. Die zuständige Polizei Suhl beschreibt: „Ein weit verteiltes Trümmerfeld durch umhergeflogenes Glas fanden die eingesetzten Beamten vor.“
Auch im Dezember sind die zum Teil professionell agierenden Banden in Thüringen erfolgreich. Beispielsweise in Schleusingen, wo der dritte Geldautomat nun auch in die Luft fliegt. In Roßleben im Landkreis Kyffhäuser scheitert im Dezember ein Angriff auf einen Geldautomaten – allerdings mit gravierenden Folgen für die Anwohner. 28 Menschen müssen evakuiert werden, weil die Polizei zunächst vermutet, dass sich noch Sprengstoff am Tatort befindet.
Die Bearbeitung solcher Straftaten übernehmen die Kriminalpolizeien in den einzelnen Dienststellen – dennoch: Auch die Spezialisten des Landeskriminalamtes Thüringen schauen genau hin, weil das Phänomen seit 2005 auch auf Bundesebene eine gesonderte Betrachtung findet.
Für das vergangene Jahr stehen in der polizeilichen Statistik acht Fälle – wobei es zwei Mal bei einem versuchten Aufbruch geblieben ist. Das Landeskriminalamt geht derzeit allerdings nicht davon aus, dass in Thüringen ein sogenanntes „Seriendelikt“vorliegt. Zwar gab es binnen weniger Wochen vier Taten – allerdings gebe es, heißt es auf Anfrage,
derzeit keine Hinweise darauf, dass es sich um ein und dieselbe Tätergruppe handelt. Das wäre charakteristisch für ein Seriendelikt. „Vielmehr wird gegenwärtig davon ausgegangen, dass es sich um gleichgelagerte Straftaten, welche durch unterschiedliche Täter begangen wurden, handelt“, heißt es aus dem Landeskriminalamt.
Der Worbiser Fall hat für einen Unternehmer in der Innenstadt drastische Folgen. Durch die Sprengung wurde sein Geschäft derart beschädigt, dass es nicht öffnen kann – nach längerer Renovierung war die Wiederöffnung eigentlich für den heutigen Donnerstag vorgesehen und muss verschoben werden.