Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Genuss statt Rausch
Die Zukunft des Alkohols ist, diese Schlagzeile habe ich jüngst beim Aufstehen von der Couch gerade noch so aus den Augenwinkeln gesehen, alkoholfrei. Den Rest des Artikels hab ich leider nicht mehr lesen können, denn ich musste in die Küche, einen neuen Gin Tonic mixen, und als ich wiederkam, war das Magazin verschwunden.
Aber ich habe noch lange über die Überschrift nachgedacht und glaube durchaus, dass das stimmt. Viele Leute werden immer gesundheitsbewusster, essen gesünder, rauchen seltener und trinken weniger, genießen dafür umso mehr. Zudem ist Alkohol ein nicht zu unterschätzender Schnarchfaktor, der Verzicht auf Hochprozentiges hätte also viele positive Folgen, die bis ins Schlafzimmer reichen.
Obwohl ich das Kaltgetränk zum Abend sehr schätze, stehe ich der eingangs erwähnten These aufgeschlossen gegenüber – und kaufte eine Flasche alkoholfreien Gin, der sich nicht so nennen darf, weil Gin als solcher halt Alkohol enthält.
Aber ehrlich, das kann nicht die Zukunft sein. Der gemixte Drink schmeckt nur nach Tonic, weil der alkoholfreie Gin pur nur nach Zuckerwasser schmeckte.
Daher lieber weniger, aber dafür echt. Genuss statt Rausch. Dann kann man beim Schlürfen des Wacholderdrinks in den über 400 Seiten des Kompendiums vom Gin-experten Peter Jauch blättern. Er stellt in dem großformatigen Wälzer bekannte und außergewöhnliche Sorten, Rezepte und Zutaten vor, aber auch Menschen, die Gin herstellen und neue Varianten erfinden. Doch nicht jeder Gin passt zu jedem Tonic, 80 davon lernt der Leser bei der Lektüre kennen. Und er erfährt auch, wie kalt der Eiswürfel für den perfekten Gin Tonic sein sollte. Aber um den zu mixen, sollte man am besten nüchtern sein.
„Gin – Das Buch“. 426 Seiten aus dem At-verlag für 49,90 Euro.