Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Moderne im barocken Universum

Die Stiftung Schloss Friedenste­in Gotha zeigt dauerhaft Kunst aus dem 20. Jahrhunder­t

- Franziska Gräfenhan

Gotha. Klein, aber oho. In nur einem Raum im Schloss Friedenste­in zu Gotha finden sich als Dauerausst­ellung bedeutende Schlaglich­ter der modernen Kunst. Von originalen Bauhaus-objekten der Designerin Marianne Brandt bis zu Gemälden der Leipziger Schule aus Ddr-zeiten ist im Eva-maria-dicken-kabinett eine überschaub­are, aber erlesene Auswahl an Werken verschiede­ner Strömungen des 20. Jahrhunder­ts zu entdecken, die durch die Corona-pandemie bisher nahezu unbeachtet blieb.

Bereits vor knapp zwei Jahren wurde das „Schaufenst­er der Moderne“im Schloss eingericht­et. Als Teil des Rundgangs durch die barocken und klassizist­ischen Repräsenta­tionsräume des Herrschaft­ssitzes wirkt das einzelne, in dezentem Grau gestrichen­e Zimmer mit den modernen Stücken aus Kunst und Design ziemlich absonderli­ch, wenngleich nicht weniger sehenswert.

Regionaler Bezug zur Stadt und der Umgebung

„Wir verfügen in der Sammlung über etwa 700 grafische Objekte sowie ein paar hundert Gemälde und Skulpturen der Moderne. Leider fehlt uns schlicht der Platz, sie alle zu zeigen“, sagt Timo Trümper. Der Direktor der Abteilunge­n Wissenscha­ft und Sammlungen hat das Kabinett konzipiert und dabei versucht, auf wenig Raum die gesamte Bandbreite des Sammlungsb­estandes aus dem 20. Jahrhunder­t zu zeigen.

Vor dem Hintergrun­d des regionalen Bezugs der Objekte zu Gotha und der Umgebung setzt das „Schaufenst­er der Moderne“drei Schwerpunk­te, die mit verschiede­nen Beispielen dargestell­t werden. So finden sich erstens Arbeiten der Künstlerin und Tochter der Stadt Hannah Höch in dem Raum wieder. Einige Reprografi­en der originalen Werke zeigen Fotocollag­en der Künstlerin, die Höch zu einer Vorreiteri­n der Dada-bewegung machten und ihr Oeuvre bis ins Spätwerk prägten.

In unmittelba­rer Nähe zu den abstrakt anmutenden Werken Höchs finden sich die zeitlosen Objekte

Marianne Brandts, die in den 1930er-jahren den Bauhausged­anken nach Gotha brachte. In ihrer kurzen Zeit als Gestalteri­n bei der Metallware­nfabrik Ruppelwerk Gmbh krempelte sie die Formsprach­e der Bedarfs- und Massengüte­r grundlegen­d um. Ganz im Sinne des Bauhauses reduzierte sie die Gebrauchsg­egenstände auf ihre Funktion.

Der dritte Schwerpunk­t des Evamaria-dicken-kabinetts liegt auf der Kunst der DDR.

Die Sammlung der Stiftung bietet einen Querschnit­t der künstleris­chen Bandbreite der ostdeutsch­en Malerei und Grafik. Die stilistisc­he Vielfalt findet auch in der Ausstellun­g Ausdruck. So sind neben Gemälden der neuen Sachlichke­it ebenfalls expressive und abstrakte Arbeiten zu sehen.

Auch thematisch zeigt sich die Vielfalt in der Ausstellun­g. Während sich der Gothaer Künstler Siegfried Brückner der Landschaft­smalerei widmete, zeichnen

sich die Arbeiten von Bernhard Heisig als Mitbegründ­er der Leipziger Schule durch einen expressive­n Stil und sozialisti­schen Realismus aus. Die Arbeiten anderer Maler, darunter Eberhard Heiland, scheinen die Gesellscha­ft der DDR fast schon ironisch zu kommentier­en.

November bis März:

Mittwoch bis Sonntag, 10 – 16 Uhr. April bis Oktober:

Dienstag bis Sonntag, 10 – 17 Uhr. An allen Feiertagen geöffnet.

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FRANZISKA GRÄFENHAN (3) Sammlungsd­irektor Timo Trümper hat die Arbeiten ausgewählt, die im Schaufenst­er der Moderne gezeigt werden.
 ?? ?? Die Malerei der DDR wird in ihrer stilistisc­hen und thematisch­en Vielfalt abgebildet.
Die Malerei der DDR wird in ihrer stilistisc­hen und thematisch­en Vielfalt abgebildet.
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Marianne Brandt brachte den Bauhausged­anken nach Gotha.

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