Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Moderne im barocken Universum
Die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha zeigt dauerhaft Kunst aus dem 20. Jahrhundert
Gotha. Klein, aber oho. In nur einem Raum im Schloss Friedenstein zu Gotha finden sich als Dauerausstellung bedeutende Schlaglichter der modernen Kunst. Von originalen Bauhaus-objekten der Designerin Marianne Brandt bis zu Gemälden der Leipziger Schule aus Ddr-zeiten ist im Eva-maria-dicken-kabinett eine überschaubare, aber erlesene Auswahl an Werken verschiedener Strömungen des 20. Jahrhunderts zu entdecken, die durch die Corona-pandemie bisher nahezu unbeachtet blieb.
Bereits vor knapp zwei Jahren wurde das „Schaufenster der Moderne“im Schloss eingerichtet. Als Teil des Rundgangs durch die barocken und klassizistischen Repräsentationsräume des Herrschaftssitzes wirkt das einzelne, in dezentem Grau gestrichene Zimmer mit den modernen Stücken aus Kunst und Design ziemlich absonderlich, wenngleich nicht weniger sehenswert.
Regionaler Bezug zur Stadt und der Umgebung
„Wir verfügen in der Sammlung über etwa 700 grafische Objekte sowie ein paar hundert Gemälde und Skulpturen der Moderne. Leider fehlt uns schlicht der Platz, sie alle zu zeigen“, sagt Timo Trümper. Der Direktor der Abteilungen Wissenschaft und Sammlungen hat das Kabinett konzipiert und dabei versucht, auf wenig Raum die gesamte Bandbreite des Sammlungsbestandes aus dem 20. Jahrhundert zu zeigen.
Vor dem Hintergrund des regionalen Bezugs der Objekte zu Gotha und der Umgebung setzt das „Schaufenster der Moderne“drei Schwerpunkte, die mit verschiedenen Beispielen dargestellt werden. So finden sich erstens Arbeiten der Künstlerin und Tochter der Stadt Hannah Höch in dem Raum wieder. Einige Reprografien der originalen Werke zeigen Fotocollagen der Künstlerin, die Höch zu einer Vorreiterin der Dada-bewegung machten und ihr Oeuvre bis ins Spätwerk prägten.
In unmittelbarer Nähe zu den abstrakt anmutenden Werken Höchs finden sich die zeitlosen Objekte
Marianne Brandts, die in den 1930er-jahren den Bauhausgedanken nach Gotha brachte. In ihrer kurzen Zeit als Gestalterin bei der Metallwarenfabrik Ruppelwerk Gmbh krempelte sie die Formsprache der Bedarfs- und Massengüter grundlegend um. Ganz im Sinne des Bauhauses reduzierte sie die Gebrauchsgegenstände auf ihre Funktion.
Der dritte Schwerpunkt des Evamaria-dicken-kabinetts liegt auf der Kunst der DDR.
Die Sammlung der Stiftung bietet einen Querschnitt der künstlerischen Bandbreite der ostdeutschen Malerei und Grafik. Die stilistische Vielfalt findet auch in der Ausstellung Ausdruck. So sind neben Gemälden der neuen Sachlichkeit ebenfalls expressive und abstrakte Arbeiten zu sehen.
Auch thematisch zeigt sich die Vielfalt in der Ausstellung. Während sich der Gothaer Künstler Siegfried Brückner der Landschaftsmalerei widmete, zeichnen
sich die Arbeiten von Bernhard Heisig als Mitbegründer der Leipziger Schule durch einen expressiven Stil und sozialistischen Realismus aus. Die Arbeiten anderer Maler, darunter Eberhard Heiland, scheinen die Gesellschaft der DDR fast schon ironisch zu kommentieren.
November bis März:
Mittwoch bis Sonntag, 10 – 16 Uhr. April bis Oktober:
Dienstag bis Sonntag, 10 – 17 Uhr. An allen Feiertagen geöffnet.