Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Filmmusik aus Nordthüringen bei den Golden Globes
Der frühere Bleicheröder Matthias Müller aus Brehme ist für den Soundtrack von „Taktik“verantwortlich – mit großem Echo
Dass sein Herz für die Komposition von Filmmusik schlägt, hätte Matthias Müller aus Brehme früher selbst nicht gedacht. Jetzt hat er bereits für den dritten Film gearbeitet, an einem, der es nicht nur im deutschsprachigen Raum zu etwas gebracht hat, sondern es sogar in die Longlist der Golden Globes in Hollywood schaffte. Matthias Müller (51) ist Vollblutmusiker. Er gehört zur Stammbesetzung der Rockband „Emma (männlich)“und hat mit den Sunrock Studios in Brehme ein hervorragend ausgestattetes Tonstudio. Mit wie vielen Künstlern er bereits gearbeitet hat, kann er gar nicht mehr zusammenzählen, aber einer bleibt ihm in Erinnerung: Manfred Wekwerth. Er war Intendant des Berliner Ensembles und Präsident der Akademie der Künste. „Er war der letzte lebende Regisseur, der noch mit Bertolt Brecht arbeitete.“Als es darum ging, im Jahr 2005 Brecht-gedichte zu vertonen, stießen die Band, Matthias Müller und Wekwerth aufeinander.
Der erste Film, bei dem er in Sachen Sound gearbeitet hat, war „Der Pflanzen und der Liebe Gifte“, das war 2010. Der zweite Film war „Lotti oder der etwas andere Heimatfilm“, der in Bleicherode, der Heimat der Band „Emma“, spielte und 2020 in die Kinos kam. Regie führte Hans-günther Bücking, Hauptdarstellerin ist Marion Mitals
terhammer. Matthias Müller wurde gebeten, sich um den Ton und die Soundeffekte zu kümmern.
Auch bei „Taktik“führte Bücking die Regie, Marion Mitterhammer übernahm eine Hauptrolle neben Harald Krassnitzer. Wieder fragten sie Müller, ob er für Soundeffekte und Tontechnik zur Verfügung stehe. Es war ein anderer Komponist engagiert. „Aber irgendwie hatte
sich die Zusammenarbeit mit ihm dann zerschlagen“, so Müller. Müller atmete tief durch und sagte zu. „Es war eine einmalige Chance.“
Mit den Dreharbeiten, die bereits Ende 2019 liefen, hatte er nichts zu tun, aber dann mit der sogenannten Post-production, bei der der Film geschnitten, bearbeitet und eben mit dem Sound versehen wird. „Ein Regisseur hat klare Vorstellungen,
wie der Film am Ende wirken soll. Das hilft natürlich“, erzählt Müller. Immer wieder saß er mit Bücking und Marion Mitterhammer, die nicht nur als Schauspielerin, sondern auch als Co-regisseurin und Produzentin wirkte, zusammen.
„Wirkt das, was ich mir ausgedacht habe? Schaffe ich es, mit der Musik die Spannungsbögen zu verstärken, bringt sie die dumpfe und
düstere Atmosphäre rüber?“Es sei um das Transportieren emotionaler Tiefe, Verwundbarkeit, ja Gebrochenheit gegangen. Dabei dürfe die Musik nicht die tragende Rolle spielen, aber sie sei für die Dramaturgie entscheidend.
„Taktik“erzählt eine wahre Begebenheit aus dem Jahr 1996. In einem Gefängnis in Graz nahmen damals drei Häftlinge drei Frauen
Geiseln und versuchten sich freizupressen. Einer wird von Harald Krassnitzer verkörpert. Rund 60 Minuten Filmmusik hatte der Eichsfelder beizusteuern.
60 Minuten, die dafür reichten, dass er beim Independent Film-festival in Montreal in der Kategorie „Beste Filmmusik“nominiert war. „Es hat zwar jemand anderes gewonnen, aber der lapidare Spruch, es sei schon eine Ehre, überhaupt nominiert zu sein, stimmt einfach.“
Nominierung in Montreal in der Kategorie „Beste Filmmusik“
Dann kam ein Anruf aus Los Angeles von den Golden Globes. „Taktik“sei als einer von vier deutschsprachigen Filmen in die Longlist des renommierten Filmpreises, der als Indikator für die Oscar-verleihung gilt, aufgenommen worden, man möchte doch bitte Materialien einreichen. „Allein nur bei den Golden Globes gelistet zu sein, ist der Wahnsinn.“Premiere feierte „Taktik“im April in Graz und Wien. Mehrere Wochen lief der Thriller in den österreichischen Kinos. Seine Tv-premiere feierte er jetzt auf „Servus TV“. „In der Mediathek ist er noch bis zum 13. Februar abrufbar, falls ihn jemand sehen möchte.“
Müller freut sich jetzt auf den 28. Januar. „Taktik“wird das Snowdance Independent Filmfestival in Essen eröffnen. „Im größten Kino Deutschlands.“Arbeitet er schon am nächsten Soundtrack? Matthias Müller lächelt – und schweigt.