Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
„Meine Schale ist härter geworden“
Im Jahr 2017 gewann Leony im Alter von 17 bei der Rtlcasting-show „Rising Star“, danach schaffte die gebürtige Bayerin dank Hits wie ihrer Cover-version des „Modern Talking“-lieds „Brother Louie“, „Faded Love“und „Remedy“den Durchbruch in der Musik-branche. Mit 25 sitzt sie nun in der Jury der neuen und letzten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“(seit Montag auf RTL).
„Früher habe ich zu allem immer ‚Ja‘ gesagt und wollte es allen recht machen. Jetzt gilt genau das Gegenteil.“Leony sagt, dass sie an Selbstbewusstsein gewonnen hat.
Wie schwer ist es, wenn man so etwas wie „DSDS“zum ersten Mal macht? Leony:
Es war schon anstrengend, weil am Anfang so viele Eindrücke auf mich einprasselten, mit denen ich erst mal klarkommen musste. Aber nach ein paar Tagen war ich voll im Groove. Es war, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Es ist schade, dass es jetzt nicht mehr weitergeht, denn ich wäre gerne noch mal dabei.
Braucht man eine dicke Haut, um ein negatives Urteil auszustellen?
Das geht einem schon nahe. Vor allem bei den Leuten, die im Mittelfeld liegen, aber nicht gut genug sind. Wenn die Ausstrahlung und der Wille nicht stimmen, dann reicht es nicht. Im schlimmsten Fall steht da ein 16-jähriges Mädchen, das dir erzählt hat, dass ihr Traum ist, Sängerin und Superstar zu werden, und du musst ihr das Herz brechen. In solchen Situationen rufst du dir ins Bewusstsein: Ich sitze genau deshalb in der Jury, um Leute zu bewerten.
2014 gewannen Sie selbst bei einer Casting-show. Wie haben Sie sich seither verändert?
Mein Kern bleibt immer gleich. Ich bin in einem kleinen Dorf in Bayern aufgewachsen, und das kriegt man auch nicht aus mir raus. Ansonsten hat sich viel verändert. Ich bin viel selbstbewusster geworden. Meine Schale ist härter geworden. Je mehr man über das Business weiß, desto weniger vertraut man den Leuten. Und ich weiß jetzt viel besser, was ich aussagen will.
Wann zeigt sich die harte Schale?
Früher habe ich zu allem immer „Ja“gesagt und wollte es allen recht machen. Jetzt gilt genau das Gegenteil. Ich sage viel öfter „Nein“als „Ja“. Ich lasse mich auch nicht mehr von Hate-kommentaren runterziehen. Denn die kommen von den immer gleichen Leuten, was ich früher nicht wusste.
Und wie sieht ihr bayerischer Kern aus?
Ich habe gewisse Grundwerte mitbekommen: immer höflich sein, immer Danke und Bitte sagen, immer schauen, dass es allen Menschen in meinem Umfeld gut geht. Ich glaube, ich bin ein gutherziger Mensch, aber eben vorsichtiger bei Leuten, die ich noch nicht so gut kenne.
Nun haben Sie es bei DSDS mit einem Dieter Bohlen zu tun, der nicht unbedingt immer für seine ausgesuchte Höflichkeit bekannt ist. Wie war das?
Wir kennen uns drei, vier Jahre, als ich seinerzeit meine Version von „Brother Louie“aufgenommen habe. Wir sind vor den Aufzeichnungen Essen gegangen, er hat mir noch mal Tipps gegeben. Klar ist man nicht immer der gleichen Meinung, aber das ist bei Pietro und Katja genauso. Aber zu mir ist er immer lieb, zu den anderen auch. Natürlich ist Dieter Dieter. Da braucht man kein Geheimnis drum machen. Deshalb sitzt er da, und dafür lieben ihn die Leute.
Sie kommen aus einem Dorf mit knapp 2000 Einwohnern. Inwieweit mussten Sie selbst gegen Widerstände kämpfen, als Sie schon als Teenager Ihre Musik-karriere einschlugen?
Wo ich aufgewachsen bin, war die Mentalität: bloß nicht auffallen, bloß nichts machen, was der andere nicht macht, immer mit dem Strom schwimmen, am besten nicht deine Meinung sagen, und es immer allen recht machen. Ich musste seinerzeit ständig mit Gegenwind kämpfen. Als ich damals mit 17 bei der Casting-show gewann, hieß es „Wen interessiert das schon? Sie schafft es doch eh nicht, Karriere zu machen. Sie kommt wieder zurück und wird bei uns im Dorf bleiben.“
Wäre das eine Option für Sie gewesen?
Nein, egal was passiert wäre, ich hätte nie in Chammünster mein Leben verbringen wollen. Wobei ich in den ersten fünf Jahren zugegebenermaßen nicht so erfolgreich war, wie ich es gerne gehabt hätte. Da haben sich die Leute dann weiter die Mäuler zerrissen. Aber es ist eben noch niemand gefühlt über Nacht krass erfolgreich geworden. Dass ich mich durchgesetzt habe, habe ich auch meinen Managern und Produzenten Vitali Zestovskih und Mark Becker zu verdanken. INTERVIEW: RÜDIGER STURM