Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Mehr Landärzte per Quote

Thüringen will Medizinstu­denten bevorzugen, die später in Mangelregi­onen arbeiten

- Martin Debes

Thüringen will eine sogenannte Landarzt-quote einführen. Damit werden Medizinstu­denten dazu verpflicht­et, nach ihrem Abschluss für bis zu zehn Jahre in ländlichen Regionen als Ärztin oder Arzt zu arbeiten. Im Gegenzug unterliege­n sie nicht dem sogenannte­n Numerus clausus, müssen also nicht einen bestimmten Abitur-notendurch­schnitt nachweisen.

So sieht es ein Gesetzentw­urf von Sozialmini­sterin Heike Werner (Linke) vor, den das Kabinett an diesem Dienstag erstmals berät. Er liegt dieser Zeitung vor.

Ziel ist es, eine regionale Unterverso­rgung zu vermeiden. Bereits jetzt sind nach Angaben der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV) knapp 70 Hausarztst­ellen in Thüringen unbesetzt. Besonders betroffen sind das Umland von Gera und der Landkreis Hildburgha­usen mit jeweils sieben offenen Stellen. Auch in Schmölln, Zeulenroda-triebes, Greiz, Sondershau­sen oder Meiningen herrscht Arztmangel.

Die KV versucht bereits seit 2016 zusammen mit dem Land, Medizinabs­olventen als Landärzte zu gewinnen. So werden in besonders betroffene­n Gebieten neu gegründete Praxen mit jeweils 60.000 Euro gefördert. Nach Kv-angaben wurde der Zuschuss bis 2022 in rund 25 Fällen in Anspruch genommen. Mehr als die Hälfte davon waren Hausärztin­nen oder Hausärzte.

Aus Sicht von Ministerin Werner ist aber mehr zu tun. Es sei absehbar, „dass die bereits bestehende­n Instrument­arien allein nicht ausreichen, um die hausärztli­che Versorgung in allen Bereichen […] sicherzust­ellen“, heißt es in ihrer Begründung des Gesetzentw­urfs.

Deshalb sollen ab dem Winterseme­ster 2024/25 bis zu zehn Prozent der medizinisc­hen Studienplä­tze in Thüringen für künftige Landärzte reserviert werden. Bei jährlich knapp 300 Anfängern an der Universitä­t Jena – sie bietet aktuell als einzige Thüringer Hochschule ein Medizinstu­dium an – wären dies etwa 30 Studienplä­tze. Grundsätzl­ich soll die Quote nicht nur Allgemeinm­edizinern, sondern auch anderen Facharztst­udenten offenstehe­n, falls denn auch hier ein besonderer Bedarf besteht.

Die künftigen Mediziner gehen, wenn sie die bevorzugte Auswahl in Anspruch nehmen, einen rechtlich bindenden Vertrag mit dem Land ein. Das heißt: Wenn sie nach ihrem erfolgreic­hen Examen nicht unverzügli­ch eine geeignete Stelle in der zugewiesen­en Region antreten, droht ihnen eine Vertragsst­rafe in Höhe von 250.000 Euro. Im Ergebnis hätten die Studierend­en ihr Ausbildung selbst finanziert: Ein staatliche­s Studium der Medizin kostet – abhängig vom Fach – zwischen 30.000 und 40.000 Euro im Jahr.

Eine Landarztqu­ote gibt es bereits in neun Ländern und wurde zuletzt vom Thüringer Landtag eingeforde­rt. Im Nachbarlan­d Sachsen etwa trat sie im vergangene­n Jahr in Kraft.

Es verschlech­tert sich in einigen Gebieten die wohnortnah­e hausärztli­che Versorgung­slage. Heike Werner (Linke), Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie in der Begründung des „Hausärztes­icherstell­ungsgesetz­es“

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