Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Wenige Wärmestuben in Thüringen
Weshalb es das Angebot nur in einigen Kommunen gibt
Wenn Wohnungen im Winter kalt bleiben, weil etwa Heizung, Strom oder Gas großflächig ausgefallen sind, oder das Geld fehlt, sollen Wärmestuben frierenden Menschen Zuflucht bieten. Doch in den wenigsten Landkreisen und kreisfreien Städten in Thüringen gibt es solche Räume. Das ergab eine Recherche dieser Zeitung.
Die Stadt Gera hält erst Wärmestuben vor, wenn deren Amt für Brand- und Katastrophenschutz eine Gefahrenlage ausspricht. „Solche Überlegungen sind aktuell nicht nötig“, sagt auch Kristian Philler, Sprecher der Stadt Jena. Das Vorgehen deckt sich mit dem im Landkreis Saale-orla. Alexander Hebenstreit, Sprecher des Landratsamtes, bestätigt auf Nachfrage, dass zwar Gebäude wie Turnhallen bei Bedarf genutzt werden können, es jedoch einige Gemeinden gebe, „die es ablehnen, Wärmestuben vorzuhalten, weil sie es schlicht nicht für nötig erachten“. Sollte es im Landkreis zu einem großflächigen Stromausfall kommen, stehen Stützpunktfeuerwehren als erste Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger bereit.
Martin Modes vom Landratsamt Saalfeld-rudolstadt verweist auf eine Bürgermeisterberatung im Dezember 2022, in der das Konzept der Katastrophenschutz-leuchttürme vorgestellt wurde. Es erfülle ähnliche Anforderungen wie die an eine Wärmestube. Generell obliege es jeder Kommune und Stadt, selbst solche Hilfsangebote zu betreiben. Hilfsorganisationen und karitative Verbände bieten solche Einrichtungen, neben ihren anderen Tätigkeiten, an.
Diese Landkreise und Städte bieten Wärmestuben an
Wärmestuben können „ein sinnvolles Hilfsangebot für Menschen sein, die aufgrund der extrem gestiegenen Heizkosten nicht mehr wie in der Vergangenheit ihre Wohnungen beheizen können oder anderweitig nicht in der Lage sind, warme Räumlichkeiten zu nutzen“, definiert Karina Krausholz, Öffentlichkeitsund Fördermittelbeauftragte des Novalis-diakonievereins Kyffhäuserkreis, eine Wärmestube. Man sei in der Lage, bei Bedarf ein entsprechendes Angebot zu errichten. „Als Novalis-diakonie sind wir im Kyffhäuserkreis und den anliegenden Landkreisen sehr dezentral tätig und sind für die Bürgermeister ansprechbar. Hilfen wie Lebensmittelgutscheine haben wir bereits installiert, um erste Bedürfnisse bei den Betroffenen zu bedienen“, so Krausholz.
Die Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein handhabt das Thema anders. Pfarrer Ramón Seliger betont im Gespräch mit dieser Zeitung den Bedarf dieser Räume: „Menschen stehen in diesen Tagen vor besonderen Herausforderungen. Sie frieren an Leib und Seele.“Es gehe in den Projekten nicht nur um die physische Kälte, „sondern auch um die Lieblosigkeiten und fehlende soziale Wärme, die hier und da wahrzunehmen sind.“Eines der Projekte, welches mehr als nur einen beheizten Raum bietet und Besucher auf mehreren Ebenen berühren soll, ist das Projekt Wärmewinter, das im Dezember begann. Das Angebot wurde jüngst unter dem Namen „Zu Tisch bei Jakob“erweitert. Bis Ende März soll es in Bad Blankenburg, Saalfeld, Weimar und Pößneck angeboten werden. „Zu Tisch bei Jakob“richte „sich an den Hartz-iv-empfänger genauso wie an den Arbeitnehmer, der eine
Stunde Gemeinschaft erfahren will. In diesem Sinne sind wir alle bedürftig. Wir wollen hier die Schwelle niedrig halten, damit jeder kommen kann“, fasst Seliger zusammen.
In Erfurt bietet die Bahnhofsmission im Pavillon auf dem Gleis 3-8 im Hauptbahnhof einen Ort, in dem man sich aufwärmen kann. Das bestätigt Mitarbeiter Hubertus Schönemann. Er weist darauf hin, dass die Bahnhofsmission entsprechende Hilfeeinrichtungen vermittelt, wenn das für Menschen notwendig wird, die die Bahnhofsmission aufsuchen. Zusätzlich gibt es den Tagestreff der Caritas in der Regierungsstraße und das Café des Herzens in der Allerheiligenstraße, wo Bedürftige essen und sich aufwärmen können. Die Stadt Erfurt bestätigt auf Nachfrage, dass der Bedarf an Wärmestuben so niedrig sei, dass dieser durch karitative Verbände abgedeckt werden kann.
In Mühlhausen ist eine Wärmestube am Güterbahnhof in Planung. Dieses Angebot des Diakonischen Werkes unterstützt ein lokaler Unternehmer mit 100.000 Euro. Laut der Geschäftsführerin der Diakonie, Grit Jugl, gibt es am Güterbahnhof einen Wärmetreff, wo es für bedürftige Menschen heißen Kaffee, Tee und manchmal eine Suppe gibt. Ein ähnliches Angebot findet sich im Diakoniewerk Gotha. Obdachlose Menschen können hier duschen und Wäsche waschen, bestätigt Tanja Schreyer, Bereichsleitung Kreisdiakoniestelle.
Das ist für mich nicht nur der Ort, wo man sich aufwärmt, sondern wo es Begegnung gibt, wo es Hilfeleistungen und Unterstützungen gibt. Ramón Seliger Pfarrer von der Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein, definiert den Sinn einer Wärmestube