Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Immer in Bewegung
So leidenschaftlich er einst Biathlon betrieb, so sehr engagiert sich der Trusetaler Frank Ullrich nun in der Sportpolitik. Das wird sich auch mit 65 nicht ändern
Ein herzliches Hallo hier, ein kurzer Plausch dort, Händeschütteln und Umarmungen inklusive: Der Besuch des Weltcups in Ruhpolding hatte für Frank Ullrich etwas von nach Hause kommen. In den Schoß der Biathlon-familie.
Mehr als vier Jahrzehnte lang bestimmte die Sportart sein Leben – von den Anfängen bei Kinderwettbewerben in den 1960ern bis zum Triumph bei den Olympischen Spielen 1980 in Lake Placid. Hinzu kamen neun Weltmeistertitel, vier Gesamtweltcup-siege sowie acht weitere Olympia- und Wm-medaillen. Und das in einer Zeit, in der drei statt mittlerweile sieben Disziplinen ausgetragen wurden. Der Boom des Biathlons hat auch viel mit den Erfolgen von Ullrich zu tun.
Nachdem er die eigene Karriere wegen gesundheitlicher Probleme und dem Tod seiner ersten Frau bereits mit 26 Jahren beendete, wurde aus dem ehrgeizigen Athleten ein ebenso leidenschaftlicher Trainer. Einer, der mit Herz und Härte den Weg von vielen Weltmeistern und Olympiasiegern ebnete – und den das „Freie Wort“als den „Beckenbauer des Biathlons“bezeichnete.
Die Parallelen sind schnell gezogen. Auch der Kaiser gewann als Aktiver und Trainer den Wm-titel – und zeichnete nicht zuletzt für das
Sommermärchen 2006 verantwortlich. Ullrich macht sich derweil für die Olympischen Spiele in Deutschland stark, weil er im Leben immer große Ziele verfolgte – und überzeugt davon ist, „dass wir die Spiele nachhaltig organisieren können.“
Als Politik-neuling leitet er den Sportausschuss
Es sprudelt nur so aus dem Trusetaler heraus, wenn er über die olympische Idee philosophiert. Doch Visionen sind das eine, die tägliche Arbeit für den Sport das andere. Nachdem Ullrich am 26. September 2021 den Südthüringer Wahlkreis 196 gewonnen hatte, ist der Bundestag seine „Wettkampfstätte“. Dass ihm als politischen Neuling der Vorsitz des Sportausschusses anvertraut wurde, macht ihn stolz. Etwas zu bewegen, treibt ihn an. Mitunter hilft dabei die Ausdauer des früheren Spitzensportlers, der auch heute noch zu Hause im Thüringer Wald regelmäßig auf den Skiern steht.
Eigentlich wollte er sich nach seinen finalen Stationen als Biathlonnachwuchschef und Langlauf-bundestrainer (2012 – 2015) nur noch der Familie widmen. Doch zu viel Ruhe ist nichts für den Mann, der vor Energie zu sprühen scheint.
Das wird sich auch nach seinem 65. Geburtstag an diesem Dienstag nicht ändern. Dafür gibt es noch zu viel zu tun. In Berlin und Thüringen.