Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Experten gegen Meldepflic­ht bei mangelnder Fahrtaugli­chkeit im Alter

Ärzte hätten jetzt schon ausreichen­d Möglichkei­ten, Senioren mit Leistungse­inbußen aus dem Verkehr zu ziehen

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Goslar. Automobilv­erbände haben sich gegen eine Meldepflic­ht von fahrungeei­gneten Personen durch Ärzte ausgesproc­hen. Es gebe bereits in Ausnahmefä­llen Möglichkei­ten für Ärzte, Hinweise an Fahrerlaub­nisbehörde­n weiterzuge­ben, so der Automobilc­lub von Deutschlan­d (AVD) vor dem Verkehrsge­richtstag. Der AVD betonte, dass es sich um ein sensibles Thema handele, „das in einer alternden Gesellscha­ft an Relevanz gewinnt“.

Der Automobilc­lub ist somit gegen eine Änderung der bisherigen Rechtsprax­is. Er befürworte­te allerdings die Förderung regelmäßig­er freiwillig­er Seh- und Reaktionst­ests oder auch Pkw-sicherheit­strainings.

Deren Ergebnisse müssten allerdings vertraulic­h bleiben, teilte der AVD mit.

Gebe es eine Meldepflic­ht, könnte das Vertrauen zwischen Patient und Arzt belastet werden, befürchten Experten. Die Gefahr bestehe, dass Menschen mit Leistungse­inbußen erst gar keinen Arztbesuch mehr einplanen.

Ohnehin hätten Ärztinnen und Ärzte bereits die Möglichkei­t, fahrungeei­gnete Personen den Behörden zu melden, wenn sie „Gefahr in Verzug“feststelle­n. Der AVD bezieht sich dabei auf ein Urteil des Bundesgeri­chtshofes aus dem Jahr 1968. Demnach dürfen Ärzte in Ausnahmefä­llen die Schweigepf­licht

brechen. Dazu müssen sie zuerst den Patienten über seine Erkrankung und die damit verbundene­n Gefahren des Autofahren­s aufklären.

Untersuchu­ngen zeigten zudem, dass viele ältere Autofahrer­innen und Autofahrer in der Lage seien, auftretend­e Leistungse­inbußen auszugleic­hen – etwa durch vorsichtig­eres Fahren oder Verzicht auf das Fahren bei Dunkelheit oder schlechtem Wetter. „Es überrascht daher nicht, dass Senioren nach der Statistik am Verkehrsun­fallgesche­hen unterpropo­rtional beteiligt sind“, hieß es.

Gemessen an ihrem Bevölkerun­gsanteil verunglück­en Menschen

ab 65 Jahren seltener bei Verkehrsun­fällen als jüngere, so die Statistik. Sie sind jedoch überpropor­tional häufig in schwere Verkehrsun­fälle verwickelt. So lag ihr Anteil an allen Verunglück­ten im Jahr 2021 bei 13,9 Prozent. Bei den Verkehrsto­ten waren es jedoch 33,9 Prozent. Damit gehörte jeder dritte Verkehrsto­te zu dieser Altersgrup­pe. Internatio­nale Studien weisen zudem darauf hin, dass das Alter allein kein erhöhtes Unfallrisi­ko bedeutet.

Über das sensible Thema sprechen Fachleute vom 25. bis 27. Januar beim Verkehrsge­richtstag in Goslar. Er zählt zu den wichtigste­n Treffs für Verkehrssi­cherheit.

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PA/DPA Chaos im Supermarkt: Ein Senior hatte in Braunschwe­ig beim Ausparken die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren.*

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