Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
EU will mehr Migranten abschieben
Nur jeder Fünfte ohne Bleiberecht wurde 2022 aus der EU rückgeführt
Die Europäische Union unternimmt einen neuen Anlauf, damit mehr ausreisepflichtige Aus- länder in ihre Heimat abgeschoben werden. „Wir haben eine sehr nied- rige Rückführungsquote. Und ich sehe, dass wir hier erhebliche Fort- schritte machen können“, sagte EU- Innenkommissarin Ylva Johansson am Donnerstag bei einem Treffen mit den Eu-innenministern in Stockholm.
Umstritten ist allerdings, wie viel Druck die EU auf die Herkunftsländer ausüben sollte, mit denen die Zusammenarbeit schwierig ist, und wie sehr andererseits Anreize für eine Zusammenarbeit geschaffen werden sollten. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach sich da- gegen aus, die Eu-visa-politik offen- siv als Druckmittel zu verwenden. Andere Länder forderten dagegen, den sogenannten Visa-hebel häufi- ger zu nutzen.
Die EU versucht schon seit Jah- ren, mehr Ausländer ohne Bleibe- recht abzuschieben, kommt aber kaum voran. 2021 befand der Euro- päische Rechnungshof, das be- stehende System sei in hohem Maße ineffizient und bewirke „das Gegenteil dessen, was es eigentlich soll: Statt abzuschrecken, leistet es illegaler Migration Vorschub.“
In Zahlen sieht das so aus: 2019 lag die Quote ausreisepflichtiger Menschen, die die EU tatsächlich verließen, bei 29 Prozent. 2021 wa- ren es – wohl auch coronabedingt – nur 21 Prozent. Dabei hatte die EU- Kommission noch 2018 ein Ziel von rund 70 Prozent ausgerufen. Auch die Ampelkoalition kündigte im Koalitionsvertrag eine „Rück- führungsoffensive“an.
Mehr Rückführungen wären aus Sicht vieler Eu-staaten auch des- halb wichtig, weil die Asylsysteme vieler Länder völlig überlastet seien. Die Zahl der Asylanträge stieg im vergangenen Jahr um fast 50 Pro- zent auf 924.000. Viele Menschen hätten kein Recht auf internationa- len Schutz und überlasteten die Aufnahmekapazitäten, sagte Jo- hansson.