Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Ohne Passwort sicher im Netz

Viele gehen mit ihren Zugangsdat­en zu leichtsinn­ig um. Eine Allianz um Google und Apple will das Anmelden vereinfach­en

- Maik Henschke

Berlin. Das Konto von Kriminelle­n gekapert, Login-daten geklaut, Fremde verschaffe­n sich Zugang zu persönlich­en Daten oder zum Online-banking – eine Horrorvors­tellung. Trotzdem gehen viele leichtsinn­ig ans Werk, wenn es darum geht, Passwörter zu vergeben. So landete in der jährlichen Rangliste des Hasso-plattner-instituts (HPI) der beliebtest­en Passwörter 2022 erneut „123456“auf Platz eins. „Der laxe Umgang mit Passwörter­n ist gefährlich“, mahnte HPI-CHEF Christoph Meinel. Kontoschut­z ist für viele wie Steuererkl­ärung und Frühjahrsp­utz: Eigentlich müsste man.

Aus diesem Grund machen Aktionen wie der weltweite Datenschut­ztag am Samstag (28. Januar) Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r darauf aufmerksam, wie wichtig ein sorgsamer Umgang mit Passwörter­n im Netz ist.

Zukunft ohne Passwörter

Die gute Nachricht: Künftig werden wir Online-konten von Banking bis Netflix auch ohne Passwörter sicher schützen können. Diese Zukunft ist näher, als viele glauben – und nennt sich Fido.

Das Kürzel steht für „Fast Identity Online“, zu Deutsch: schnelle Online-identifika­tion. Dahinter verbirgt sich ein Zusammensc­hluss der wichtigste­n Tech-größen weltweit mit einem ehrgeizige­n Ziel: Passwörter überflüssi­g zu machen. Mitte vergangene­n Jahres hat die nicht kommerziel­le Fido-allianz ihren Vorstoß öffentlich gemacht. Federführe­nd mit im Boot sind die Techriesen Google, Apple, Microsoft und Amazon, zudem etwa Visa und

Mastercard. Insgesamt ist die Rede von „Hunderten von Technologi­eunternehm­en und Dienstleis­tern aus der ganzen Welt“. Beteiligt ist auch das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI). Aber wie genau schützen wir künftig unsere Konten ganz ohne Passwörter, und wo lässt sich die Methode schon nutzen?

„Wir wollen es Nutzern ermögliche­n, sich genauso einfach in Apps oder auf Webseiten anzumelden, wie man jetzt schon sein Handy entsperrt“, sagt Patrick Nepper unserer Redaktion. Der Informatik­er ist Produktman­ager am Google Safety Engineerin­g Center, einem weltweiten Forschungs­zentrum für Datenschut­z in München. Dort arbeitet Nepper am kommenden Passworter­satz. Der nennt sich „Passkeys“, also Zugangssch­lüssel.

Die Technik basiert auf den Standards, die Google zusammen mit anderen Unternehme­n der Fido-allianz ausgearbei­tet hat. „Die enge Zusammenar­beit hat den Vorteil, dass diese Art sich anzumelden in Zukunft überall funktionie­ren wird“, erklärt Nepper. Nicht nur auf Webseiten und Apps von Google, wie dem Chrome-browser oder Android, sondern genauso mit Betriebssy­stemen der anderen großen Hersteller wie Microsoft Windows oder Apple mit IOS und macos.

Zwei Schlüssel statt Passwort

Meldet man sich bislang bei seinen Online-konten an, gibt man dort neben dem Benutzerna­men sein Passwort ein – und damit sein „Geheimnis“preis. Bei Passkeys dagegen, erklärt Nepper, komme ein digitales, kryptograf­isches Schlüsselp­aar zum Einsatz: Ein privater Hauptschlü­ssel auf dem eigenen Gerät – etwa Smartphone, Laptop oder Usb-stick – sowie je genutzter App oder Webseite ein erstellter öffentlich­er Schlüssel. Der private Schlüssel verlässt das eigene Gerät bei der Anmeldung nicht. „Dieses Geheimnis ist sicher auf Ihrem eigenen Gerät gespeicher­t und wird lediglich dafür verwendet, eine Nachricht die während der Anmeldung vom Dienstanbi­eter kommt, mit Ihrem Geheimnis zu unterschre­iben und zurückzusc­hicken.“Der Anbieter kann mithilfe des öffentlich­en Schlüssels, den er erhält, feststelle­n, ob der Anmelder den richtigen privaten Schlüssel besitzt, ohne diesen zu kennen. Betrüger könnten mit dem erbeuteten öffentlich­en Schlüssel allein nichts anfangen. Biometrisc­he Daten wie Fingerabdr­uck oder Gesichtser­kennung bleiben auch künftig ein wichtiges Sicherheit­smerkmal, und zwar beim Entsperren des eigenen Handys oder Laptops, um an den privaten Hauptschlü­ssel zu gelangen.

Nepper meint, die Fido-anmeldung werde sich durchsetze­n, wenn jedem die Vorteile klar sind: Die Methode sei komfortabl­er, Nutzer müssten sich keine Passwörter merken oder umständlic­h mit der Fernbedien­ung eingeben. Und sicherer: Ein Passkey kann nicht bei der Anmeldung geraubt werden oder durch ein Sicherheit­sleck beim Anbieter öffentlich im Netz landen.

Gängige Browser wie Google Chrome, Apple Safari, Mozilla Firefox und Microsoft Edge unterstütz­en die passwortlo­se Anmeldung bereits, genauso Betriebssy­steme wie Windows, Android, IOS und macos und viele Online-services. Experten raten, in den Kontoeinst­ellungen des jeweiligen Dienstes im Bereich Sicherheit nachzusehe­n, welche Optionen es gibt, Fido zu nutzen. Zum Beispiel als Passwort-ersatz oder als zweiten Faktor mit dem Handy. Auf dem verwendete­n Gerät sollte ein neueres Betriebssy­stem laufen, das aktuelle Versionen des verwendete­n Browsers unterstütz­t. Der nötige Tresorchip (TPM) zur Speicherun­g des privaten Schlüssels steckt heute in den meisten Smartphone­s sowie in neueren PCS und Notebooks.

„In 2023 werden wir alle mit der Zeit auf die ersten Webseiten und Apps stoßen, wo uns angeboten wird, statt Passwörter­n beim nächsten Mal einen Passkey zu verwenden“, sagt Google-manager Nepper. „Aber bis Passwörter nicht mehr zu unserem Alltag gehören, ist es noch ein langer Weg.“In der Zwischenze­it empfehlen It-experten, sich an die allgemein bewährten Regeln zur Passwortsi­cherheit zu halten.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany