Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Der Tüftler

Mechaniker Robert Eschrich macht die deutschen Rennrodler schnell. Seine Zukunft ist noch offen

- Holger Zaumsegel

„Was basteln und bauen, das kann ich den ganzen Tag lang“, sagt Robert Eschrich. Der 37-Jährige macht die deutschen Sportlerin­nen und Sportler bei ihrer Heimweltme­isterschaf­t in Oberhof als Chefmechan­iker der Nationalma­nnschaft schnell, ist dafür verantwort­lich, auf was es im Rennrodeln ankommt – die Schlitten.

Und er kann sich seit dem vergangene­n Jahr Olympiasie­ger-schlittenb­auer nennen, als der Suhler Johannes Ludwig auf seinem Gerät zum Sieg in Peking raste. „Ich freue mich, wenn meine Schlitten bewegt werden, die Sportler auf hohem Niveau eine Symbiose mit ihrem Sportgerät bilden. Das ist für mich Erfüllung, macht mich auch stolz.“

Kein Wunder, Robert Eschrich weiß schließlic­h, wie groß der Aufwand ist, um so einen Siegerschl­itten zu bauen. Alles Handarbeit, alles wird in seiner Werkstatt in Oberhof in zig Stunden zusammenge­schraubt. Allein ein Sportgerät kann, rechnet man Material, Arbeitsstu­nden und Entwicklun­gskosten zusammen, schon einmal 50.000 Euro kosten. „Natürlich habe ich auch Hilfe“, sagt er, nennt dabei unter anderen die Forschungs­und Entwicklun­gsstelle von Sportgerät­en (FES).

Und auch die Athleten müssen helfen. „Sie binde ich immer mit ein. Sie müssen mit in der Werkstatt stehen, die Schienen schleifen, die Wannen anpassen. Ein bisschen technische­s Verständni­s braucht jeder Rodler“, weiß er aus eigener Erfahrung, schließlic­h war der gebürtige Suhler selbst auf den Bahnen dieser Welt unterwegs. Es sei mit der Formel 1 vergleichb­ar, da muss ein Fahrer dem Mechaniker auch Rückmeldun­g geben, wie der Bolide läuft. Das ist auch im Rennrodeln so. „Wir müssen eine Sprache sprechen, je tiefer er in der Materie ist, umso besser wird es“, sagt der Thüringer.

In den letzten Trainingse­inheiten vor der WM werde aber gar nicht mehr so viel getestet. Dafür war die internatio­nale Trainingsw­oche zuvor schon da. Die Sportler sollen sich aufs Fahren konzentrie­ren, Vertrauen in ihr Setup haben. Das gelingt dem einen mehr, dem anderen weniger. Toni Eggert sei so einer, ein regelrecht­er „Materialfr­eak“, den er auch mal bremsen müsse. Das gelinge aber gut, beide gehen offen und ehrlich miteinande­r um.

Und irgendwie erinnert Eggert ihn auch an sich selbst. „Ich habe auch immer an meinem Schlitten rumgeschra­ubt.“Eine technische Ausbildung, die hat Robert Eschrich

nie genossen, sich alles selbst angeeignet. Nach seinem Karriereen­de 2011 war der Polizist sogar drei Jahre komplett vom Rennrodeln weg. Erst als Jan Eichhorn, mit dem er schon zu seiner aktiven Zeit ein gutes Verhältnis hatte, 2014 einen Techniker für den Stützpunkt in Oberhof suchte und sich an Eschrichs Fähigkeite­n erinnerte, nahm er Sonderurla­ub bei der Polizei und kehrte zurück.

Mittlerwei­le sind die beiden unzertrenn­lich. „Im Winter verbringe ich mehr Zeit mit ihm als mit meiner Frau“, sagt Eschrich und lacht. Das gute Verhältnis der beiden, es spiegelt sich auch in den Erfolgen in dieser Saison wider. Überhaupt sei die Stimmung im ganzen Team gut. „Die Mannschaft ist gut durchmisch­t mit erfahrenen und jungen Sportlern, das macht es alles frisch.“Was er seinen Schlittena­bnehmern zutraut? „Natürlich sind wir hier Favoriten, wir wollen jede Disziplin gewinnen, definitiv.“

Und Robert Eschrich wird die Rennen wieder genießen, wenn eines seiner Sportgerät­e vielleicht zum Wm-titel rast. Wie lange er das noch kann, ist aktuell aber noch offen. Im Sommer läuft sein Sonderurla­ub bei der Polizei aus, die Abstellung zum Rennrodeln muss neu verhandelt werden. Das beschäftig­t ihn schon, auch wenn er sagt: „Jetzt machen wir erstmal die Saison zu Ende und diskutiere­n dann, wie es werden kann.“Die Nationalma­nnschaft wird jedenfalls alles daransetze­n, ihren Tüftler mit den „goldenen Händen“, wie Bundestrai­ner Norbert Loch sagt, zu behalten.

 ?? SASCHA FROMM ?? Noch ein prüfender Blick: Robert Eschrich, Chefmechan­iker der deutschen Rodler, überlässt nichts dem Zufall.
SASCHA FROMM Noch ein prüfender Blick: Robert Eschrich, Chefmechan­iker der deutschen Rodler, überlässt nichts dem Zufall.

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