Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Putin will Afrika auf seine Seite ziehen
Im Schatten des Ukraine-kriegs arbeitet der Kreml daran, seinen Einfluss auf dem südlichen Kontinent zu vergrößern – auch militärisch
Der Ukraine-krieg überschattet gerade alles – doch auch in vielen afrikanischen Ländern herrscht aktuell Krieg. Es geht um Grenzstreitigkeiten, politische, religiöse oder ethnische Spannungen. Es geht um die Unterdrückung von Minderheiten, um die Verteilung von Ressourcen. Tausende Menschen sterben. Der Westen aber konzentriert sich vor allem auf den Krieg in Europa. Das weiß Wladimir Putin zu nutzen.
Russland springt in Afrika in die Bresche, parallel zu China, das gleichfalls um die Vorherrschaft auf dem Kontinent ringt. „Russland spielt eine wichtige Rolle als Waffenlieferant, als Käufer und lizenzierter Schürfer von wertvollen Rohstoffen, als Exporteur von landwirtschaftlichen Geräten“, betont Philani Mthembu vom „Institute for
Global Dialogue“, einem südafrikanischen Thinktank. Das international zunehmend isolierte Russland wirbt in Afrika um Verbündete. Mit Erfolg. So stimmte etwa das autoritär regierte Eritrea im März 2022 gegen eine Un-resolution, die Russlands Einmarsch in der Ukraine verurteilte. Gerade erst war der russische Außenminister Sergej Lawrow zu einem Kurzbesuch in Eritrea. Zuvor hatte Lawrow bereits Angola, Eswatini und Südafrika besucht.
Russische Militärs und Polit-strategen sind bereits in 25 afrikanischen Ländern präsent, darunter die Zentralafrikanische Republik, Libyen, Nord- und Südsudan, Madagaskar,
Angola, Tschad, Kamerun, Guinea, Simbabwe und die Demokratische Republik Kongo.
Eine besondere Rolle spielt dabei die Söldnergruppe Wagner, jene Privatarmee von Jewgeni Prigoschin, die in der Ukraine an vorderster Front kämpft. Nach dem Militärputsch in Burkina Faso schwenkten Demonstranten Russlandfahnen: Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich wird in der Bevölkerung immer mehr für Missstände im Land verantwortlich gemacht. Befehlshaber Ibrahim Traoré hat die französischen Truppen aufgefordert, das Land zu verlassen. Aufgabe der französischen Elitesoldaten war es, islamistische Terrorgruppen zu bekämpfen. Sie werden jetzt durch Wagner-kämpfer ersetzt. „Merci Wagner“ist auf Schildern zu lesen, obwohl Prigoschins Truppen noch gar nicht in Burkina Faso eingetroffen sind.
Prigoschins Einfluss in Afrika ist groß. Wagner-strategen helfen lokalen Machthabern, die russische Interessen unterstützen, Wahlen zu gewinnen. Im vom Bürgerkrieg geschundenen Mali sind Wagnertruppen bereits seit Ende 2021 im Einsatz, unterstützen die dortige Militärjunta, die blutig um ihre Macht kämpft.
Russland will in Afrika die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlorene weltpolitische Bedeutung
zurückgewinnen. Aber es geht auch um handfeste Wirtschaftsinteressen. Der Energiegigant Gazprom ist in Algerien und auch in Libyen immer aktiver tätig. Der weltgrößte Diamantenhersteller, die russische Alrosa-gruppe, schürft in Angola. Bereits 2019 kündigte Alrosa an, dass der Konzern auch in Simbabwe mit dem Abbau von Diamanten und Mineralien beginnen wird. Der russische Aluminiumriese Rusal baut den Aluminium-rohstoff Bauxit in Guinea ab. Auch in Südafrika, Madagaskar und Burkina Faso sind russische Firmen aktiv. Die Sicherheitsdienste vieler dieser Unternehmen stellt Prigoschins Wagner-truppe.