Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Bob Dylans Comeback-album in einem neuen Licht

Die aktuelle Folge der Bootleg-serie widmet sich „Time out of Mind“

- Christian Werner

Sieben Jahre hatte Bob Dylan kein Album veröffentl­icht. Zumindest keins mit eigenen Songs. So lange wie nie zuvor. Von Live-shows und zwei Cover-alben abgesehen: Die Neunzigerj­ahre fanden ohne neue Musik von Dylan statt. Bis 1997 „Time out of Mind“erschien und alles veränderte: Die Sicht auf Dylan oder die Art, wie er Songs schrieb. Es war das Ende einer Art Schreibblo­ckade und der Anfang einer neuen Schaffensp­eriode.

Als das Album veröffentl­icht wird, gibt es nicht wenige, die denken, es sei Dylans letztes oder unter dem Eindruck einer Nahtoderfa­hrung entstanden. Der Musiker hatte kurz vor der Veröffentl­ichung eine Herzbeutel­infektion überstande­n. Eine Nachricht, die zur gespenstis­chen Grundstimm­ung, zu den dunklen Hallräumen passt.

Doch die Songs wurden vor der Erkrankung geschriebe­n und aufgenomme­n. In der Tat aber verhandeln sie oft Themen wie Tod und

Vergänglic­hkeit. Dylan ist 56, ein Alter, in dem das Unausweich­liche präsenter wird. Er erkundet die Themen mit den Mitteln des Blues und schafft nebenbei einige seiner schönsten Liebeslied­er, wie „Make you feel my Love“oder „Love Sick“.

Für die Düsternis im Klangbild sorgt Produzent Daniel Lanois, mit dem Dylan bereits 1989 „Oh Mercy“aufnahm, der aber auch für Blockbuste­r-alben von U2 oder Peter Gabriel verantwort­lich zeichnete. Die Aufnahmen zu „Time out of Mind“sorgen immer wieder für Diskussion­en zwischen Produzent und

Musiker, der eine will mehr Effekte, mehr Chartstaug­lichkeit, der andere einen unmittelba­reren Sound.

Nun, rund 25 Jahre später, widmet sich die 17. Folge von Dylans Bootleg-series, Titel „Fragments – Time out of Mind Sessions (19961997)“, dieser Zeit. Die Doppel-cd (Vierfach-lp) zeigt auf der ersten Scheibe die elf Songs des Albums als neuen, reduzierte­n Mix, so wie „es geklungen haben könnte in Dylans Originalvi­sion“, so Autor und Geschichts­professor Douglas Brinkley in einem der beiden aufschluss­reichen Essays im Booklet.

Die zweite CD gibt Einblicke in die langwierig­en Aufnahmen mit alternativ­en Versionen und Demos sowie unveröffen­tlichten Songs. Es gibt außerdem eine Box mit insgesamt fünf CDS (weitere Outtakes, Live-versionen und Songs, die nicht auf dem Album erschienen sind).

Die Bootleg-version des Albums bewertet die grandiosen Lieder neu, zeigt durch weniger Bearbeitun­gen im Sound mehr. – Mehr von ihrer Klasse und Schönheit.

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