Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Eine deutsche Domäne im Geduldsmodus
Das Kugelstoßen braucht Zeit, um an die Erfolge von einst anknüpfen zu können. Meetings wie in Nordhausen helfen
Der Re-start ist geglückt: Vor 1230 Zuschauern feierte das Kugelstoßmeeting „Nordhausen-indoor“am Samstag mit den strahlenden Siegern Sara Gambetta (SV Halle) und Bob Bertemes aus Luxemburg eine erfolgreiche Rückkehr. Als es vor zehn Jahren von der Bildfläche verschwand, war das Bedauern sehr groß. Nun die ersehnte Neuauflage.
„Für uns ist Nordhausen eine wichtige Station. Wir wissen, wie es aktuell um Meetings bestellt ist. Es war ein Meeting mit Tradition, wo es nicht schwer war, Leute zu aktivieren, um nach Nordhausen zu kommen“, sagte der Wurf/stoßbundestrainer Sven Lang.
Einer, der sich 2012 in die hochkarätige Siegerliste des damaligen „Energie-indoor“eintrug, war David Storl (SC Dhfk Leipzig). Es ist ruhiger geworden um den einstigen Weltklasse-kugelstoßer. Letztmals in Aktion trat der 32-Jährige bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin. Dort gewann er sein zehntes Dmgold . Als der Deutsche Leichtathletik-verband die Bundeskaderliste im Spätherbst veröffentlichte, fehlte sein Name. Zurückgetreten ist der einst jüngste Kugelstoß-weltmeister nicht. „Er ist nicht mehr im Kaderkreis. Mehr kann ich dazu nicht sagen“, meinte Sven Lang.
Währenddessen hatte Christina Schwanitz, sie gewann das „Energie-indoor“dreimal in Folge, ihre
Laufbahn im Vorjahr nach den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig für beendet erklärt.
Storl und Schwanitz waren im letzten Jahrzehnt zwei Medaillengaranten im deutschen Kugelstoßen. Wer kann in ihre Fußstapfen treten? „Wir müssen einen klaren Strich ziehen zwischen männlich und weiblich“, relativierte Lang. So hat es im männlichen Bundeskaderkreis
„einen vollkommenen Umbruch“gegeben. Bis auf Simon Bayer (Sindelfingen) besteht der Kader fast nur aus U 23-Athleten. „Sie zeigen für ihr Alter sehr gute Leistungen, aber man kann nicht unbedingt erwarten, dass sie mit 23, 24 Jahren schon die Kastanien aus dem Feuer holen. Das sind Athleten für den nächsten Olympiazyklus. Wir werden jetzt erst mal zwei schwere Jahre
haben, was die Männer angeht.“Bei den Frauen sieht die Entwicklung ein wenig anders aus. Wenngleich die Weltspitze für die hiesigen Kugelstoßerinnen ein ganzes Stück entfernt ist. Und diese hat sich deutlich weiterentwickelt. „Wir hatten Jahre, da haben zwei Frauen mit Gong Lijiao und Christina Schwanitz über 20 Meter gestoßen. Jetzt sind es drei, vier, die in diesen
Bereich reinstoßen“, verdeutlichte Lang. Er zählt Nordhausen-siegerin Sara Gambetta (SV Halle) und Katharina Maisch (LV Erzgebirge) zu erweiterten Weltspitze. Für sie geht es auf der Weltbühne darum, in den Endkampf zu kommen.
Bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 lieferte Gambetta ihren besten Wettkampf ab: Im Finale wurde die 29-Jährige mit 18,88 Metern Achte. Bei der Heim-em in München gelang dem deutschen Trio um Gambetta, Maisch und Julia Ritter (TV Wattenscheid) der Finaleinzug. Statt einer Em-medaille wurden es die Ränge fünf, sechs und acht. „Bei Kathi (Katharina Maisch) ist es nicht optimal gelaufen. In der Qualifikation erreicht sie die viertbeste Leistung, im Finale stößt sie 65 Zentimeter kürzer. Da ist irgendwas schiefgelaufen“, so Lang. Dennoch konnte er dem Auftritt Positives abgewinnen. „Wir haben nicht viele Disziplinen, wo alle Drei im Finale stehen. Der Sprung nach ganz vorn ist schwierig.“
Es braucht Geduld. Zumal die Drehstoßtechnik an Popularität gewinnt. Was sich auch darin ausdrückt, dass die Weltspitze enger zusammenrückt. „Das betrifft ganz einfach die Athletinnen, die vielleicht nicht die Körpermaße für das Angleiten mitbringen, jetzt eine Chance haben. Das betrifft Männer wie Frauen“, merkte Sven Lang an. Die Entwicklung war am Samstag nicht zu übersehen. Vier der sechs Indoor-sieger drehten sich im Ring.