Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Porzellan verbindet im Tabakspeicher
Mit einer Finissage findet eine Sonderausstellung zum weißen Gold ihren krönenden Abschluss
Nordhausen. Es ist die letzte Gelegenheit. Im Nordhäuser Tabakspeicher ist die Sonderausstellung „Jugendstil-porzellan aus Burgau – Von Künstlerentwürfen bis Zierporzellan“am Samstag noch einmal für Besucher geöffnet. „Sie wurde im Oktober letzten Jahres eröffnet und ist sehr gut gelaufen. Wir mussten sie sogar noch einmal verlängern“, berichtet Museumschef Jürgen Rennebach. Die Ausstellung habe viele Menschen erreicht, nicht nur aus Thüringen, sondern auch aus den benachbarten Bundesländern. Sogar Gäste aus England und Holland haben den Weg in den Tabakspeicher gefunden.
Einen Kleinwagen haben wir schon bezahlt. Sammlerin Babette Selle zum Wert des familiären Porzellanschatzes.
Zum Ausstellungsabschluss sind noch einmal viele Besucher gekommen, um der Finissage beizuwohnen, zu der das Museumsteam eingeladen hat. Jürgen Rennebach freut sich besonders, dass zu diesem Anlass auch die Kuratorin Birgitt Hellmann aus Jena sowie Sammler Thomas Selle aus Halle/saale anwesend sind. Beide haben den interessierten Zuhörern viel zu erzählen und tauchen mit ihnen in die Geschichte der Porzellanmanufaktur von Ferdinand Selle ein.
Manufaktur bringt jedes Jahr eine neue Form heraus
Diese habe von 1901 bis 1929 in Burgau an der Saale produziert, so Birgitt Hellmann. 1929 sei die Fabrik aufgelöst und sämtliche Unterlagen vernichtet worden. Beinahe wäre die Porzellanmanufaktur ins Vergessen geraten. 1997 macht Birgitt Hellmann als ehemalige Direktorin vom Stadtmuseum Jena eine Ausstellung über das Unternehmen und bringt dazu auch einen Katalog heraus.
Durch Zufall entdeckt der Sohn von Thomas Selle diesen im Inter
net. „Bis dahin habe ich von unserer Familiengeschichte nichts gewusst“, erzählt der Hallenser. Erst durch seinen Sohn habe er dann Nachforschungen angestellt und herausgefunden, dass er der Urgroßneffe des Firmengründers Ferdinand Selle ist. Von da an packt ihn
die Sammelleidenschaft.
Über 1000 Stücke kann Thomas Selle sein Eigen nennen – vom Teller bis hin zur Mokkatasse. Seine Schätze bewahrt er allesamt zu Hause auf. Das Porzellan steht aber keinesfalls nur im Schrank. „Es wird zu besonderen Anlässen auch
herausgeholt“, sagt er. Seine Frau Babette teilt sein Hobby. „Ums Staubwischen kümmert er sich aber“, verrät sie und lacht.
Seine Sammlung ergänzt Thomas Selle stets um neue Stücke. Die bekommt er meistens von Privatleuten. Der Wert für das Jugendstil-porzellan
ist auf dem Markt derzeit sehr hoch. „Einen Kleinwagen haben wir schon bezahlt“, schätzt seine Frau Babette den Wert der Sammlung ein. Auch Birgitt Hellmann hat für das Stadtmuseum in Jena eine Vielzahl an Stücken erworben. Sie schwärmt regelrecht von dem Porzellan. „Die Manufaktur hat fast jedes Jahr eine neue Form herausgebracht. Es war Haushaltsporzellan, das also gut nutzbar war und auch preiswert“, führt sie aus. Mit Thomas Selle steht sie in regem Kontakt.
Er hat für die Ausstellung im Tabakspeicher ein Teil seiner Privatsammlung zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um Stücke der ersten Form von 1902. Die will Thomas Selle nun wieder mit nach Hause nehmen. Kaum ist der letzte Gast gegangen, werden die Vitrinen aufgeschlossen und Kisten herbeigeschleppt. Das gute Porzellan wird darin sorgfältig verstaut. Thomas Selle könnte sich vorstellen, noch einmal in die Rolandstadt zurückzukommen.