Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Neustart ohne Welpenschu­tz

Grünen-minister-duo wird vereidigt. Politologe hält Personalen­tscheidung mit Blick auf die Wahlen für riskant

- Stefan Hantzschma­nn

Coup oder Wagnis? Mit Doreen Denstädt und Bernhard Stengele sollen zwei Grünen-politiker ohne Regierungs­erfahrung von diesem Mittwoch an zwei Thüringer Ministerie­n führen. Auch fachlich sind sie eher Quereinste­iger. Stengele übernimmt das Umwelt- und Energiemin­isterium von Anja Siegesmund, die sich von der Politik verabschie­det hat, um neue Aufgaben zu suchen. Denstädt wird als erste schwarze Ministerin in Ostdeutsch­land das Justiz- und Migrations­ministeriu­m führen, das bis vor Kurzem Dirk Adams geleitet hat, auf dessen Entlassung seine eigene Partei bestand.

Die Personalie­n kamen für viele in Thüringen überrasche­nd, für die Grünen sind sie ein Komplett-neustart beim Regierungs­personal. Am heutigen Mittwoch sollen Stengele und Denstädt im Landtag vereidigt werden. Viel Zeit für eine Einarbeitu­ng bleibt den beiden nicht. Schon im Jahr 2024 soll ein neuer Landtag gewählt werden – spätestens im letzten Drittel des Jahres. „Ich habe keine 100 Tage, das ist mir klar. Geplant ist ein Sprintstar­t“, sagte Denstädt. Migrations­politik stehe auf der Tagesordnu­ng ganz oben. Sie kündigte an, sich in ihren ersten

Wochen als Ministerin einen Überblick verschaffe­n und mit einigen Kommunen über die Migrations­politik sprechen zu wollen.

Zuvor hatte bereits Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) betont, dass die beiden neuen Regierungs­mitglieder drängende Probleme zu lösen hätten. „Sie haben keinen Welpenschu­tz“, hatte Ramelow gesagt. An den beiden Personalen­tscheidung­en der Grünen hatte sich auch Kritik entfacht – so kamen Bedenken auf, den beiden könnte die nötige fachliche Qualifikat­ion fehlen.

Nach Auffassung des Erfurter Politologe­n André Brodocz sind die Personalen­tscheidung­en mit Blick auf die bald anstehende Wahl riskant. „Wir haben hier eine Ministerin und einen Minister, die im Land jenseits der Grünen weitgehend unbekannt sind“, sagte Brodocz.

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