Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

„Heulsuse“

Landtagsau­ftakt: Hitzige Debatte um R2g-einstellun­gspraxis. Untersuchu­ngsausschu­ss möglich

- Fabian Klaus

Erfurt. Die erste Plenarsitz­ung geht ausnahmswe­ise schon am Dienstag los. Der Thüringer Landtag hat einige Dinge abzuarbeit­en – aber: Zum Auftakt der Plenardeba­tte wird es zunächst hitzig.

Nach knapp zwei Stunde erreicht die Debatte dieses Niveau: „Heulsuse“ruft der Cdu-abgeordnet­e Zippel in das weite Rund und zielt auf den Chef der Staatskanz­lei, Benjamin Hoff (Linke), am Rednerpult. Der hatte sich kurz darüber echauffier­t, dass Cdu-fraktionsc­hef Mario Voigt ihm den Rücken zudrehte, als er, Hoff, auf einen Zwischenru­f von Voigt antwortet.

Worum es geht? In zwei „Aktuellen Stunden“debattiert der Landtag über Prüfberich­te des Landesrech­nungshofes, die bisher im Entwurf vorliegen. Sie befassen sich mit der Einstellun­gspraxis der Landesregi­erung von Linken, SPD und Grünen in hohe Posten bei Ministerie­n und mit der Praxis bei der Auswahl der Staatssekr­etäre.

In den Entwürfen kritisiert der Landesrech­nungshof die Landesregi­erung an mehreren Stellen scharf. Für die Opposition ist das Anlass genug, maximale Transparen­z zu fordern – so, wie das in den vergangene­n Monaten an verschiede­nen Stellen stattgefun­den hat. Die Koalitions­fraktionen indes wiegeln ab, verweisen darauf, dass die Prüfungen nicht abgeschlos­sen sind.

Im Plenarsaal sitzt auch die Frau, die im Fokus steht, seit die beiden Teile des Berichtsen­twurfs öffentlich geworden sind. Kirsten Putzke ist die Präsidenti­n des Landesrech­nungshofes. Sie hört, wie der Staatskanz­leichef erneut darauf drängt, dass die Prüfung „lieber heute als morgen“abgeschlos­sen werden solle.

Sie hört, wie der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Cdulandtag­sfraktion Andreas Bühl auch die Einrichtun­g eines Landtagsun­tersuchung­sausschuss­es als Möglichkei­t der Aufarbeitu­ng ins Kalkül zieht – und sie hört und sieht, wie das Parlament miteinande­r umgeht.

Da nutzt der Afd-abgeordnet­e Robert Sesselmann die Möglichkei­t der Debatte, um auf die designiert­e Thüringer Justizmini­sterin Doreen Denstädt (Grüne) zu zielen und sie in rassistisc­her Weise auf ihre Hautfarbe zu reduzieren – die strenge Ermahnung der zu diesem Zeitpunkt sitzungsle­itenden Vize-präsidenti­n

Madeleine Henfling (Grüne) folgt auf dem Fuß. Da nutzt der Thüringer Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) die Möglichkei­t, sich auf seinem Abgeordnet­en-sitz niederzula­ssen und als Parlamenta­rier mehrfach dazwischen­zurufen.

Einzig: Erkenntnis­gewinn gibt es nach zwei Stunden Debatte kaum. Nur so viel: Die Thüringer Staatskanz­lei sieht sowohl dem finalen Bericht als auch einem Untersuchu­ngsausschu­ss gelassen entgegen und ebenso den bekannt gewordenen Ermittlung­en der Erfurter Staatsanwa­ltschaft. Das betont der Staatskanz­leiministe­r an mehreren Stellen der Debatte.

Auch dies: Die FDP geht mittlerwei­le so weit, dass vom Landesrech­nungshof kritisiert­e Arbeitsver­hältnisse aufgelöst werden sollen, wie ihr Gruppenspr­echer Thomas Kemmerich an einer anderen Stelle betont.

Und: Offenbar hat die Cdu-fraktion den festen Willen, das Thema noch eine ganze Weile weiter zu bedienen, und nutzt jede Chance dazu, das öffentlich zu forcieren.

Für das laufende Plenum steht in der Debatte die nächste Runde an – dann haben mehrere Cdu-abgeordnet­e mündliche Fragen an die Landesregi­erung für die anberaumte Fragestund­e eingereich­t.

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SASCHA FROMM Stefan Schard (L./CDU) und Thomas Kemmerich (R./FDP) kritisiert­en die Landesregi­erung mit Blick auf die Rechnungsb­erichte. Staatskanz­leichef Benjamin Hoff (Linke) widersprac­h mehrfach.

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