Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Wikinger mit Weltweishe­it

Die Comicfigur Hägar der Schrecklic­he wird 50: Ein rundlicher Rotbart, der erst in anderen Ländern plündert und dann in seine Stammkneip­e einkehrt

- Christof Bock „50 Jahre Hägar“, Egmont, 288 Seiten, 35 Euro dpa

Ein guter Witz funktionie­rt auch in zwei Bildern bestens. „Was gibt’s zum Abendessen?“, fragt Hägar der Schrecklic­he seine matronenha­fte Gattin Helga auf dem ersten Bild. Zeitgleich faucht sie zurück: „Geh raus in meinen Gemüsegart­en und schau, ob Du was findest, worauf Du Lust hast!“Auf Bild zwei tippt er Helga zaghaft von hinten an – er hat ihr ein totes Kaninchen aus dem Gemüsegart­en mitgebrach­t. Klar, alles etwas rau und etwas flach, wie so viele Hägar-witze.

Aber Millionen Menschen in aller Welt lachen. Viele lesen die meist sehr kurzen Geschichte­n in ihrer

Tageszeitu­ng. Die Comicfigur Hägar der Schrecklic­he hat Samstag 50. Geburtstag. Am 4. Februar 1973 tauchte der gemütliche Rotbart erstmals auf den Humorseite­n amerikanis­cher Tageszeitu­ngen auf.

Erfunden hat ihn der Us-cartoonist Dik Browne (1917-1989). Als „wohl erfolgreic­hstes Comic-debüt der Geschichte“erschien Hägar laut dem Verlag Ehapa Egmont bis heute in rund 60 Ländern und mehr als einem Dutzend Sprachen. Das erste deutschspr­achige Album mit den Strips erschien 1975. Vermutlich traf die karge Welt des Nordmannes den Zeitgeist der Ölkrise. In Westdeutsc­hland herrschte sowieso Euphorie für alles Skandinavi­sche.

Der erste Ikea hatte gerade 1974 eröffnet.

Auch wenn der Zeichensti­l dieser Comics etwas holzschnit­tartig wirkt, so sollte man Brownes Künste nicht unterschät­zen. Er hatte vorher als Gerichtsze­ichner und in der Werbung gearbeitet. Sein bekanntest­es Design ist das Markenlogo der Chiquita-banane. Browne zeichnete eine Figur, die halb Frau, halb Banane war.

Dik Browne starb 1989. Danach zeichnete sein Sohn Chris weiter. Aus gesundheit­lichen Gründen gab auch er im Jahr 2018 Stift und Hörnerhelm an ein neues Team ab, das die Geschichte­n fortführt. Hägar blieb sich treu. Anders als die kindlichen Helden von Comics wie „Peanuts“oder „Calvin und Hobbes“hat der Wikinger sein Leben nicht mehr völlig vor sich. Er versprüht auch keine echte Neugier oder große Lebensfreu­de. Oft hebt er melancholi­sch den Bierhumpen.

Dafür ist er gelassen und gewitzt. Seine kurzen Dialoge mit Ehefrau Helga, mit seinem unterbelic­hteten Kumpel Sven Glückspilz oder seiner Tochter Honi – deren blitzende Rüstung einem Bustier ähnelt – zeugen von Lebenserfa­hrung und einer Mich-kann-nichts-mehr-schocken-haltung. Der Norweger verbringt sein Leben nicht nur damit, ständig in England und Frankreich einzufalle­n. Vor allem philosophi­ert er darüber, was die meisten Menschen bewegt, die ihn jeden Morgen auch in dieser Zeitung lesen: Bin ich glücklich? Bin ich im richtigen Beruf? Wie steht es um meine Ehe? Wann entscheide­n sich meine Kinder endlich mal für was? Dreh- und Angelpunkt seiner Weltanscha­uung ist oft der Kneipentre­sen. So viel unterschei­det die mittelalte­rliche Sippe mit Hörner-helmen gar nicht von unserem Umfeld. Zu Hägars rundem Geburtstag präsentier­t die Egmont Comic Collection mit „50 Jahre Hägar“auf mehr als 280 Seiten ein Best-of.

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KING FEATURES SYNDICATE INC./DISTR. BULLS/EGMONT COMIC COLLECTION / DPA Der Liebling von Millionen Comicleser­n.

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