Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Warum heißt das Landtagsho­chhaus Eierkiste?

Das erste 1950 nach Berlin in Erfurt erbaute Hochhaus gehört heute zum Landtag und trägt im Volksmund den Spitznamen

- Margitta Guhn

Durch Zufall erfuhr ich, dass am 21. Januar eine Gästeführu­ng im Landtag stattfinde­t. Ich war überrascht, wie viele Interessen­ten sich zu früher Stunde in den Landtag aufgemacht haben. Zirka 70 Personen habe ich im Plenarsaal gezählt. Besucher, verschiede­ner Altersgrup­pen, die sich über Strukturen informiere­n wollten, aber auch, um Räumlichke­iten zu sehen, die nicht immer öffentlich zugänglich sind.

Das älteste Gebäude, an der Arnstädter Straße, stammt aus den 1930er-jahren und hat nicht nur gute Zeiten erlebt. In den Jahren 1937 bis 1939 war es das Verwaltung­sgegefängn­is

bäude für den damaligen preußische­n Regierungs­bezirk Erfurt. Von Anfang an, wurde es auch als dauerhafte­r Sitz der Gestapo, mit ihrem

im Keller genutzt. Von hier aus wurde das Massenmord­en an den Thüringer Juden, nicht nur organisier­t, auch die Deportatio­nslisten zusammenge­stellt.

Nach dem Krieg bildete sich der Rat des Bezirkes und hatte seinen Sitz in der Klement-gottwald-straße, heute Arnstädter Straße. Im Jahr 1950 kam dann das erste Hochhaus in Erfurt, nach Berlin, hinzu. Es wurde mit ca. drei Millionen Ziegelstei­nen ohne Gerüst bis zur 9. Etage „hochgezoge­n“.

Mit etwas Phantasie, sieht die rechteckig­e Form des Hochhauses einer Kiste ähnlich. So kam es wohl zu seinem Namen „Eierkiste“. Nicht nur der Name dieses Haus ist besonders. Im Inneren befand sich ein Paternoste­r. Ein offener Fahrstuhl, den man während des fahrens besteigen musste. Der Name „Eierkiste“ist bis heute geläufig.

Nach der aufwendige­n Sanierung in den 90er-jahren wurde es zum Sitz der Landtagsve­rwaltung, mit dem Büro der Landtagspr­äsidentin. Den Paternoste­r gibt es nicht mehr, aber der moderne Fahrstuhl bringt uns in die 9. Etage, von wo man einen sehr schönen Ausblick hat.

Herzstück des Landtages ist der Plenarsaal, der das Ensemble mit hochmodern­er Technik, Akustik und einem ausgeklüge­lten Belüftungs­system mit der Grundstein­legung im April 2001 vervollstä­ndigte. Auffällig ist die Bestuhlung, die für jede Fraktion im Kreis aufgestell­t ist. Man hat von allen Seiten eine gute Sicht und es soll sich keine Fraktion in die Ecke gestellt fühlen, erzählt Roland Büttner, unser Gästeführe­r. Genau strukturie­rte Abläufe, so die Einhaltung der Redezeit von 10 Minuten, bedeuten für alle Abgeordnet­en gleiche Bedingunge­n. Erwähnensw­ert ist auch, das Kunst und Politik in diesem Haus zusammentr­effen. Verbände, Institutio­nen und Vereine präsentier­en sich und ihre Arbeit im Landtag. Thüringer Künstlerin­nen und Künstler gestalten seit 1992 Ausstellun­gen und Dokumentat­ionen, mit dem Bezug zur Geschichte.

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ALEXANDER VOLKMANN Das Haus am Landtag – im Volksmund Eierkiste

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