Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Trauer um Gerald Mortag
Der dreimalige Bahnrad-weltmeister, Olympiazweiter 1980 in Moskau und über Jahrzehnte erfolgreicher Geraer Trainer lebt nicht mehr
Gera. Schockstarre auf der Geraer Radrennbahn. Für einen Moment standen die Räder still. Gerald Mortag ist tot. „Ich wollte die Nachricht nicht glauben. Es war ein Schock. Gerald ist ein wahrer Freund; ein großer Sportler und Trainer gewesen“, sagte Bernd Herrmann, Sportdirektor beim SSV Gera, als er die Nachricht vom plötzlichen Tod des 64-Jährigen erhielt.
Mit Gerald Mortag ist ein Großer des Radsports gegangen. Dreimal war er Weltmeister mit dem Bahnvierer, Olympiazweiter 1980 in Moskau, danach über Jahrzehnte Radsport-trainer. Doch eigentlich wollte er nie im Leben Radsportler werden. Als Kind konnte er sich nichts Schöneres vorstellen, als Fußball zu spielen. Seine Mutter wusste immer, wo sie ihn suchen musste. Als er 13 war, hat er bei der Kleinen Friedensfahrt mitgemacht – und gewonnen.
Also doch Radsport. Als er das erste Mal das Geraer Zementoval sah, war das nicht ohne. Es passierte, was passieren musste, er stürzte und hätte am liebsten seine sieben Sachen gepackt. Er blieb und es ging rasant voran. 1974 trug Gerald Mortag wie Olaf Ludwig oder Lutz Haueisen das Trikot der SG Wismut Gera. Nach einem halben Jahr Training in Gera war er schon in der Nationalmannschaft,
fuhr 1974/75 in Berlin die Winterbahn und wurde im Sommer in der Schweiz Junioren-vizeweltmeister mit dem Bahnvierer. „Wären nicht so schnell die Erfolge gekommen. Ich weiß nicht, ob ich beim Radsport geblieben wäre. Das Training war hart, die Konkurrenz bei den Verfolgern groß“, sagte er einmal.
1985 beendete er seine Laufbahn, schloss sein Studium an der DHFK Leipzig ab und wurde Trainer, anfangs an der Seite von Werner Marschner. „Von ihm habe ich viel gelernt. Das Herangehen im Training, die Methodik, aber mehr noch war es seine menschliche Art. Er hat uns zusammengefaltet, wenn es sein musste. Da hat keiner von uns gezuckt: Wir wussten, der Trainer hat Recht. Doch er hat uns immer behutsam geführt, auch mal was weggelassen, wenn er gemerkt hat, das wird zu viel“, sagte er.
Nach dem Leistungssport widmet er sich der Nachwuchsförderung
Mit dem Ende seiner sportlichen Laufbahn stellte er das Rennrad in die Ecke. Da war er konsequent. Dieser Abschnitt war vorbei, sagte er. Doch auch als Trainer hat er viel erlebt, die Wende, das Ende der SG Wismut Gera, der Neuanfang im SSV 1990 Gera. Gerald Mortag arbeitete als Stützpunkttrainer, hatte sich dem Nachwuchsleistungssport
verpflichtet. Zu seinen Schützlingen zählten Tina Liebig, Jens Lehmann, André Greipel, John Degenkolb, Eric Baumann, Sebastian Siedler, Andreas Schilling, Marcel Barth und Robert Retschke.
Er war seit 2005 Vorsitzender des Förderkreises Radsport Gera. Für seine Sportler war er immer da, nahm sich auch ihrer Sorgen an, ließ seine väterliche Seite erkennen.
Doch was ihn bewegte, machte er mit sich selbst aus. Gerald Mortag war Gerald Mortag, unverstellt, nicht immer leicht zu nehmen, ehrlich und geradeheraus, er eckte an, wenn es um die Sache ging. Und seine Sache war der Radsport, der Nachwuchs, die Talente.