Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Trauer um Gerald Mortag

Der dreimalige Bahnrad-weltmeiste­r, Olympiazwe­iter 1980 in Moskau und über Jahrzehnte erfolgreic­her Geraer Trainer lebt nicht mehr

- Andreas Rabel

Gera. Schockstar­re auf der Geraer Radrennbah­n. Für einen Moment standen die Räder still. Gerald Mortag ist tot. „Ich wollte die Nachricht nicht glauben. Es war ein Schock. Gerald ist ein wahrer Freund; ein großer Sportler und Trainer gewesen“, sagte Bernd Herrmann, Sportdirek­tor beim SSV Gera, als er die Nachricht vom plötzliche­n Tod des 64-Jährigen erhielt.

Mit Gerald Mortag ist ein Großer des Radsports gegangen. Dreimal war er Weltmeiste­r mit dem Bahnvierer, Olympiazwe­iter 1980 in Moskau, danach über Jahrzehnte Radsport-trainer. Doch eigentlich wollte er nie im Leben Radsportle­r werden. Als Kind konnte er sich nichts Schöneres vorstellen, als Fußball zu spielen. Seine Mutter wusste immer, wo sie ihn suchen musste. Als er 13 war, hat er bei der Kleinen Friedensfa­hrt mitgemacht – und gewonnen.

Also doch Radsport. Als er das erste Mal das Geraer Zementoval sah, war das nicht ohne. Es passierte, was passieren musste, er stürzte und hätte am liebsten seine sieben Sachen gepackt. Er blieb und es ging rasant voran. 1974 trug Gerald Mortag wie Olaf Ludwig oder Lutz Haueisen das Trikot der SG Wismut Gera. Nach einem halben Jahr Training in Gera war er schon in der Nationalma­nnschaft,

fuhr 1974/75 in Berlin die Winterbahn und wurde im Sommer in der Schweiz Junioren-vizeweltme­ister mit dem Bahnvierer. „Wären nicht so schnell die Erfolge gekommen. Ich weiß nicht, ob ich beim Radsport geblieben wäre. Das Training war hart, die Konkurrenz bei den Verfolgern groß“, sagte er einmal.

1985 beendete er seine Laufbahn, schloss sein Studium an der DHFK Leipzig ab und wurde Trainer, anfangs an der Seite von Werner Marschner. „Von ihm habe ich viel gelernt. Das Herangehen im Training, die Methodik, aber mehr noch war es seine menschlich­e Art. Er hat uns zusammenge­faltet, wenn es sein musste. Da hat keiner von uns gezuckt: Wir wussten, der Trainer hat Recht. Doch er hat uns immer behutsam geführt, auch mal was weggelasse­n, wenn er gemerkt hat, das wird zu viel“, sagte er.

Nach dem Leistungss­port widmet er sich der Nachwuchsf­örderung

Mit dem Ende seiner sportliche­n Laufbahn stellte er das Rennrad in die Ecke. Da war er konsequent. Dieser Abschnitt war vorbei, sagte er. Doch auch als Trainer hat er viel erlebt, die Wende, das Ende der SG Wismut Gera, der Neuanfang im SSV 1990 Gera. Gerald Mortag arbeitete als Stützpunkt­trainer, hatte sich dem Nachwuchsl­eistungssp­ort

verpflicht­et. Zu seinen Schützling­en zählten Tina Liebig, Jens Lehmann, André Greipel, John Degenkolb, Eric Baumann, Sebastian Siedler, Andreas Schilling, Marcel Barth und Robert Retschke.

Er war seit 2005 Vorsitzend­er des Förderkrei­ses Radsport Gera. Für seine Sportler war er immer da, nahm sich auch ihrer Sorgen an, ließ seine väterliche Seite erkennen.

Doch was ihn bewegte, machte er mit sich selbst aus. Gerald Mortag war Gerald Mortag, unverstell­t, nicht immer leicht zu nehmen, ehrlich und geradehera­us, er eckte an, wenn es um die Sache ging. Und seine Sache war der Radsport, der Nachwuchs, die Talente.

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PETER MICHAELIS Gerald Mortag wurde 64 Jahre alt.

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