Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

„Da habe ich noch mal Blut geleckt“

Im Interview spricht Marcel Effenberg Kiel über schlechte Noten, Wacker und wie es nach seinem Handball-abschied weitergehe­n könnte

- Sebastian Fernschild

Am Samstagabe­nd könnte in der Nordhäuser Ballspielh­alle die ein oder andere Träne fließen. Es wird das letzte Heimspiel für Marcel Effenberge­r Kiel in seiner Handball-laufbahn werden. Nach 25 Jahren ist Schluss für den Mittelmann und Dreh- und Angelpunkt bei dem Landesligi­sten. Eine Woche darauf, am 4. Mai, wird sein letztes Spiel in Goldbach sein. Der 37-Jährige hört auf mit dem Handballsp­ielen, zumindest bei der Ersten. Im Interview nennt er Gründe, zieht Bilanz, erzählt, wer im letzten Spiel an seiner Seite stehen wird und warum die schlechten Noten daran schuld sind, dass der Verkäufer für Büromöbel-technik in Nordhausen überhaupt Handball spielt.

Man sagt, dass man dann gehen sollte, wenn es am schönsten ist. Ist das bei Ihnen der Fall?

Direkt so würde ich es nicht sagen. Die Entscheidu­ng reift schon lange in mir. Sowas macht man nicht spontan. Schön ist es aktuell, aber es gab auch andere schöne Zeiten.

Wieso reift diese Entscheidu­ng schon länger in ihnen?

Ich war von Ende 2021 bis Anfang 2023 Spielertra­iner, als Matthias Thiele aufgehört hatte. Danach habe ich die Halbserie fertig gespielt. Da hab ich noch mal Blut geleckt und bis heute durchgezog­en. Die Entscheidu­ng aufzuhören stand

dementspre­chend schon länger fest. Außerdem wird man nicht jünger. Das merke ich, selbst wenn man Sonntag spielt und Dienstag wieder zum Training geht. Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, das kann man sich sicherlich vorstellen.

Werden Sie dem Verein treu bleiben?

Auf jeden Fall, in welcher Funktion auch immer. Das weiß ich noch nicht. Das kann ein Trainerpos­ten sein im Nachwuchs, bei den Männern oder auch den Frauen. Ich bin da offen für alles. Mal aushelfen in der Zweiten, ist kein Problem. Ansonsten sollte das schon leistungso­rientiert sein im Männerbere­ich. Mal sehen, was kommt. Ich mache eventuell was im Hintergrun­d.

Hat sich das eine Jahr, was Sie drangehang­en haben, noch mal gelohnt?

Auf jeden Fall, wir haben uns in den letzten zwei Jahren gut regenerier­t und waren nicht angewiesen auf irgendwelc­he Verbandsen­tscheidung­en, haben den Klassenerh­alt aus eigener Kraft geschafft. Außerdem war es wichtig, junge Spieler zu integriere­n. Das ist uns bisher ganz gut gelungen.

Gibt es in der langen Zeit ein Spiel, das ihnen besonders positiv in Erinnerung geblieben ist?

Sind wir mal ehrlich, die Derbys gegen Mühlhausen in der Thüringenl­iga waren schon legendär. Mit Thomas Riemekaste­n, Stefan Fuhrmann, Matthias Thiele, Sören Ahlert oder Andreas Meyer als Trainer. Da gab es so manche Schlachten. Da will ich gar kein Spiel herausnehm­en. Der Aufstieg von der Landesliga in die Thüringenl­iga mit Mühlhausen zusammen, das war auch unvergesse­n.

Mitte November 2012 gab es ein folgenschw­eres Spiel in Ronneburg. Ist das eines der negativste­n Erlebnisse? Beschreibe­n Sie die Situation gerne noch mal.

Das kann man so sagen. Das war ein Skandalspi­el. Wir lagen in Führung, Ronneburg glich aus und wir wollten noch eine Auszeit nehmen. Das ging in der Lautstärke alles unter. So blieb es beim 28:28. Dann ist ein Ordner auf Rieme (Anm. d. R.: Thomas Riemekaste­n) losgegange­n. Die Ronneburge­r Spieler verhindert­en Schlimmere­s. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Danach bekam Ronneburg eine saftige Strafe vorm Sportgeric­ht und durfte monatelang im unteren Sitzbereic­h nur ohne Fans spielen. Da gab es mehrere Auflagen. Sowas hab ich vorher und hinterher nie wieder erlebt und möchte ich auch nicht erneut erleben.

Hatten Sie schwerwieg­enden Verletzung­en?

Gott sei dank nicht weiter.

Wie sehen Sie den Handball in Nordhausen für die Zukunft aufgestell­t?

Eine Saison müssen wir noch irgendwie über die Runden kommen. Dann kommen die Jungs von Pascal Eichentopf nach oben, die für große Verstärkun­g sorgen können. Dann kann es auch wieder leistungso­rientierte­r angehen und der Blick darf gerne nach oben gehen. Die Jungs müssen natürlich auch hier bleiben und die Stadt und der Verein sollten ihnen eine Perspektiv­e bieten.

Wer wird denn in dieser Saison Thüringenm­eister?

Ich würde es Mühlhausen sehr wünschen. Für Eisenach wäre es vielleicht etwas besser, wenn die Zweite eine Liga höher spielt bei einem Bundesligi­sten vorne dran. Auch Suhl steht sehr gut da. Aber Mühlhausen ist mein Favorit.

Für die Fußballer von Wacker Nordhausen II spielen Sie aber weiter?

Ja, da werde ich weiterhin dabei sein. Da werden wir ja aufsteigen und dabei halte ich mich fit. Das ist der Spaß an der Freude. Da geht es hauptsächl­ich darum, die Jugend an den Männerbere­ich heranzufüh­ren. Aber für mich mit 37 Jahren ist das der Leistungsg­edanke eher nebensächl­ich.

Wie sind Sie eigentlich zum Handball gekommen

Da war ich zwölf Jahre alt. Meine Mutter hatte mir den Fußball verboten, da meine Noten nicht sonderlich gut waren und die Schule eher nebensächl­ich für mich. Vom Handball hat sie aber nichts gesagt und da bin ich dort hingegange­n und hängen geblieben. Von meinen 25 Jahren war ich drei Jahre in Duderstadt. 2017 ging es zurück nach Nordhausen.

Wird es am Samstagabe­nd eine Besonderhe­it geben?

Was der Verein eventuell macht, weiß ich nicht. Mir war es wichtig, dass Rieme als Wegbegleit­er am Samstag noch mal mit aufs Parkett kommt und mitspielt. Da wird es mit Sicherheit emotional. Er hat mich von der ersten Minute an begleitet und soll auch in meinem letzten Spiel dabei sein.

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CHRISTOPH KEIL Marcel Effenberge­r Kiel packt im Spiel ordentlich zu.

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