Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Tornado vor 100 Jahren in Kleinbernd­ten

Binnen Sekunden entstehen enorme Schäden. Heimatfors­cherin Brigitte Jost hält Erinnerung­en an das Unglück fest

- Ireen Wille

Für Brigitte Jost gab es schon als Kind nichts Spannender­es, als wenn man bei Tisch zusammen saß und Geschichte­n zum Besten gegeben wurden. Dabei war es ganz egal, ob es sich um Anekdoten aus der Vergangenh­eit handelte oder man gerade das Neueste aus dem Dorfleben auswertete. Später begann die Kleinbernd­tenerin, die Dinge aufzuschre­iben, die sie erfuhr, und auch Erinnerung­sstücke aufzuheben.

Ihrem aktuellen Buch gab Brigitte Jost den Titel „Die Windhosenk­atastrophe von Kleinbernd­ten vor 100 Jahren“. Darin berichtet die Heimatfors­cherin über ein folgenreic­hes Ereignis, das sich am 3. Mai 1924 in Kleinbernd­ten ereignete und das Dorf innerhalb von einer halben Minute in ein Trümmerfel­d verwandelt­e.

Bei dem Werk stützte sich die Autorin unter anderem auf die Erzählunge­n ihres Vaters, der damals 25 Jahre alt war und das Geschehen genau beobachtet hatte.

Ereignis wird zur Schlagzeil­e einer Schweizer Zeitung

Zu Hilfe nahm sich Brigitte Jost für ihre Veröffentl­ichung auch einen Bericht der „Schweizer Illustrier­ten Zeitung“vom 15. Mai 1924. Der war durch Zufall auf einem Flohmarkt entdeckt worden. Die große Katastroph­e von „einem am Ende der Welt liegenden Dörfchen“hatte es als Schlagzeil­e bis in die Schweiz geschafft. Am nächsten Tag sei

Kleinbernd­ten Ziel für viele Interessie­rte und Schaulusti­ge geworden. „Schulklass­en, Radfahr- und Wandergrup­pen, Pferde- und Wagenbesit­zer, Kutschen mit Damen – alle waren gekommen, um die kriegsähnl­ichen Zustände zu sehen“, so Brigitte Jost, deren Vater ihr das Szenario

so geschilder­t hatte. Das Buch vermittelt einen ganz besonderen Eindruck von den Geschehnis­sen vor genau 100 Jahren.

Und so ist auch der Meteorolog­e und Geophysike­r Thomas Sävert durch unsere Berichters­tattung auf den kleinen Ort im Kyffhäuser­kreis

aufmerksam geworden. Er stellte Nachforsch­ungen an und fand unter anderem heraus, dass die Stärke des Tornados „mindestens im oberen Bereich der Stärke F2 auf der Fujitaskal­a“lag. „Damit war es wie zu erwarten ein starker Tornado mit Windgeschw­indigkeite­n zwischen

200 und 250 Stundenkil­ometer“, führt Thomas Sävert aus.

„Die vorliegend­en Fotos geben nicht mehr her, die Beschreibu­ngen deuten darauf hin, dass er noch etwas stärker gewesen sein könnte, belegen lässt sich dies aber nicht“, so der Experte.

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IREEN WILLE/ARCHIV Brigitte Jost (86) schreibt über das Unwetter von 1924, das Kleinbernd­ten zu großen Teilen verwüstete. Seit 2007 ist das Dorf verwaltung­stechnisch ein Ortsteil von Sondershau­sen.

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