Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
„Die Luther-dekade hat eine Eigendynamik entwickelt“
Cdu-politiker Christian Hirte über seine Doppelfunktion in Bund und Land, die Luther-dekade, Gebietsreform und den ESC
Herr Hirte, eine sitzungsfreie Bundestagswoche bedeutet für Sie wohl kaum weniger Arbeit bei all den Funktionen, die Sie inzwischen übernommen haben? So ist es. Man muss sich ja auch um seinen eigenen Wahlkreis kümmern. So haben wir am Dienstag Kreistagssitzung und damit verbunden sind vorbereitende Gespräche. Außerdem beginnen jetzt die Bürgermeisterwahlen, so dass ich auch im Kommunalwahlkampf mit eingebunden bin. Viele Parteilose stellen sich zur Wahl. Wir als CDU haben aber den Anspruch, auch flächendeckend wahrnehmbar zu sein. Die Gespräche vor Ort sind dabei für mich eine wichtige Rückkopplung für unsere Arbeit in Berlin. Demnächst geht die Luther-dekade auf die Zielgerade, für die Sie sich sehr eingesetzt haben. Der größte Erfolg ist, dass dieses Thema jetzt eine Eigendynamik entfaltet hat. Das ganze Vorhaben sitzt jetzt so auf den Schienen, dass es unvermeidlich einem guten Ende entgegengeht. Genauer genommen ist 2017 ja nicht das Ende, sondern erst der Auftakt einer Reihe weiterer Jubiläen. Denken Sie an die Bibelübersetzung, die Bauernkriege oder den Schmalkaldischen Bund. Das Thema Reformation und ihre Folgen begleitet uns weiter, deshalb waren all diese Vorarbeiten so wichtig.
Sie sind als Cdu-vize-chef in Thüringen in der Opposition und in Berlin Mitglied einer Regierungspartei. Beißt sich das? Erstaunlicherweise gar nicht. Die Blickwinkel von Bundes- und Landespolitik sind zwar unterschiedlich, aber die können über den Bundesrat abgestimmt werden. Im Übrigen ringen wir auf allen Ebenen um die beste Politik, egal ob in Koalition oder Opposition. Als Haushaltspolitiker im Bund weiß ich, wie sehr wir gerade in den letzten Jahren Länder und Kommunen entlastet haben. Insofern hilft uns das als Union insgesamt, die zahlreichen Forderungen von Rot-rot-grün in Richtung Berlin auch mal einzuordnen und einzubremsen.
Was wird in dieser Woche die dringendste Angelegenheit sein? Eben die schon erwähnte Kreistagssitzung, weil sie mit der Theaterdebatte eine landespolitische Ausstrahlung hat. In meiner Kreistagsfraktion besteht schon die Frage, warum sich kreisangehörige Gemeinden finanziell engagieren sollen und nicht wissen, ob man später noch in einer gemeinsamen Gebietskörperschaft mit Eisenach ist. Kommunalpolitisch sind wir ja die einzigen im Land, die eine Fusion kreisübergreifend, und zwar von Eisenach und Wartburgkreis, vorantreiben. Die von Erfurt ausgehende Verunsicherung führt möglicherweise dazu, dass die Theaterfinanzierung scheitert. Das Land schadet damit der Entwicklung der Region und der eigenen gewollten Theaterstruktur – das ist schon schizophren. Die Wartburgregion als fusionierter Landkreis ist dauerhaft leistungsfähig. Ich glaube, manch Erfurter Reißbrett-politiker ahnt nicht, was er zerstört, wenn er diese erfolgreiche Region strukturell zerschlagen würde. Dort wird mit Nichtigkeiten und Banalitäten wie Kümmelgrenze argumentiert und im Zweifel hingenommen, dass wir am Ende schwächere Strukturen bekämen als wir sie heute haben.
Sie sind Mitglied der Deutsch-russischen Parlamentarier-gruppe und auch in demselben deutsch-ukrainischem Gremium. Für wen waren Sie beim ESC? Meine Abneigung gegen solch langatmige Fernsehsendungen mit viel zu viel Show entbindet mich hier glücklicherweise von einem künstlerischen Urteil.
Christian Hirte (CDU) ist Mitglied im Rechnungsprüfungsund Haushaltsausschuss
Worauf freuen Sie sich denn in dieser Woche besonders? Heute darf ich nicht nur meinen vierzigsten Geburtstag begehen, sondern feiere auch Richtfest für das Häuschen, das ich gerade mit meiner Familie baue. Die Kinder freuen sich ganz besonders.