Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Bundesarbe­itsgericht urteilt in Sachen Mindestloh­n

Richter sollen klären, ob Sonderzahl­ungen angerechne­t werden dürfen

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Erfurt. Knapp eineinhalb Jahre nach der Mindestloh­n-einführung wird das erste Urteil des Bundesarbe­itsgericht­s zu der Lohnunterg­renze erwartet.

Die höchsten deutschen Arbeitsric­hter beschäftig­en sich am Mittwoch mit der Frage, ob Arbeitgebe­r Sonderzahl­ungen wie Urlaubs- und Weihnachts­geld anrechnen dürfen, um den Mindestloh­n von 8,50 Euro pro Stunde zu erreichen.

Der Präzedenzf­all komme aus Brandenbur­g, sagte eine Sprecherin des Bundesarbe­itsgericht­s in Erfurt.

Die Klägerin sei der Meinung, ihr stünden die vereinbart­en Sonderzahl­ungen zusätzlich zum Mindestloh­n zu. Zudem wolle sie die Berechnung­sgrundlage für Mehrarbeit­s- oder Nachtzusch­läge klären lassen. Damit gehe es um zwei Grundsatzf­ragen, die beim Mindestloh­n immer wieder eine Rolle spielten, sagte die Gerichtssp­recherin.

Vor dem Landesarbe­itsgericht Berlin-brandenbur­g war die Klägerin im Januar dieses Jahres mit ihrer Forderung gescheiter­t. Sie ist Angestellt­e einer Klinik-serviceges­ellschaft in Brandenbur­g und in einer Cafeteria beschäftig­t. Die Frau hatte im vergangene­n Jahr beim Arbeitsger­icht in Brandenbur­g/ Havel Klage eingereich­t.

In ihrem Arbeitsver­trag sind nach Angaben des Landesarbe­itsgericht­s Sonderzahl­ungen von zwei halben Monatsentg­elten vereinbart. Nach einer Betriebsve­reinbarung erfolge die Zahlung nicht in zwei Raten, sondern über zwölf Monate verteilt. Das Landesarbe­itsgericht entschied, bei den Sonderzahl­ungen handele es sich im konkreten Fall um ein Entgelt für die normale Arbeitslei­stung. Deshalb sei eine Anrechnung auf den gesetzlich­en Mindestloh­n möglich. Die Richter ließen wegen der grundsätzl­ichen Bedeutung des Falls Revision beim Bundesarbe­itsgericht zu.

Nach Einschätzu­ng von Bagpräside­ntin Ingrid Schmidt geht es bei Mindestloh­n-streitigke­iten kaum um die gesetzlich vorgeschri­ebenen 8,50 Euro pro Stunde. Strittig seien eher die Streichung oder die Anrechnung von Sonderzahl­ungen, sagte sie bei der Vorlage der Jahresbila­nz des Gerichts.

2016 will sich das Bundesarbe­itsgericht am Fall eines Rettungsas­sistenten auch mit dem Mindestloh­nanspruch bei der Vergütung von Bereitscha­ftszeiten beschäftig­en.

Revision beim BAG in Erfurt zugelassen

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