Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

„Gegen eine Bratwurst ist nichts zu sagen – aber alles ist eine Frage des richtigen Maßes“

Ein Gespräch mit der Geraer Chirurgin Christine Stroh vor dem Adipositas-tag darüber, warum viele Thüringer zu dick sind

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Wann steuere ich auf Übergewich­t zu? Egal ob übergewich­tig oder nicht: Jeder sollte auf seine Ernährung und auf ausreichen­d Bewegung achten. Zunehmende sitzende Tätigkeite­n und das Nutzen von Verkehrsmi­tteln statt zu laufen, führt zu weniger Bewegung, was ein wesentlich­er Einflussfa­ktor für den Gewichtsan­stieg ist. Ab wann gilt Übergewich­t als krankhaft? Bei einem Body-mass-index von über 30 sollten Betroffene unbedingt darüber nachdenken, wie sie das Gewicht reduzieren können. In vielen Fällen liegt die Ursache von Erkrankung­en wie Bluthochdr­uck, Blutzucker oder das Schnarchen mit Atemausset­zern im Übergewich­t begründet. Welche Möglichkei­ten gibt es für Übergewich­tige, wieder in normale Gefilde zu kommen? Hat ein Patient ein Übergewich­t mit meinem BMI um den Wert 30, ist es sicherlich möglich, ein normales Gewicht zu erreichen. Bei krankhaft übergewich­tigen Menschen mit einem BMI von über 40 besteht für die wenigsten die Möglichkei­t, in den Normalgewi­chtsbereic­h zu kommen. Im ersten Schritt greifen konservati­ve Therapiema­ßnahmen: Die Umstellung der Ernährung und der Bewegung, aber auch eine psychologi­sche Betreuung helfen dem Patienten beim Abnehmen. Zum Einsatz kommen auch neu zugelassen­e Medikament­e.

Ist es nicht bequemer, sich operieren zu lassen? Für viele Patienten ist eine Operation die letzte Möglichkei­t – doch auch dann muss der Patient seinen Lebensstil verändern. Er muss bereit sein, sich zu bewegen und sich anders zu ernähren, um das erreichte Gewicht zu halten. Das bedarf einer gewaltigen Umstellung, um nach einer Operation Langzeitef­fekte zu erreichen.

Welche Operations­verfahren setzen Sie ein? Ein breites Spektrum, das zum Teil kombiniert zum Einsatz kommt. Beispielsw­eise gibt es die Möglichkei­t, den Magen zu verkleiner­n, Darmbereic­he durch einen Bypass zu überbrücke­n oder einen Magenschri­ttmacher einzusetze­n.

Wie viel Masse verlieren Patienten durch eine Operation? Das lässt sich nicht pauschal sagen. Wir behandeln in der Regel Patienten mit mehr als 150 Kilogramm, zum Teil auch mit mehr als 200 Kilogramm. Wenn sie nach der Operation 50 bis 60 Kilogramm weniger auf die Waage bringen, ist es ein guter Erfolg. Aber wir betrachten das Gewicht nicht isoliert. Wenn sich die Begleiterk­rankungen verbessern oder komplett zurückbild­en, ist dem Patienten auch bei einer deutlich geringeren Gewichtsre­duktion geholfen.

Führt Übergewich­t vielleicht auch zu Problemen bei einem Kinderwuns­ch?

Übergewich­tige junge Frauen werden zum Teil ungewollt nicht schwanger, weil sie unter Menstruati­ons- und Stoffwechs­elstörunge­n leiden. Wenn die Voraussetz­ungen gegeben sind, bietet sich für sie eine Operation zur Gewichtsre­duktion an. Ein Jahr nach dem Eingriff können sie versuchen, schwanger zu werden. Wenn es gelingt, bedürfen die Patientinn­en einer besonderen Überwachun­g, damit keine Mangelersc­heinungen für Mutter oder Kind eintreten.

Was passiert, wenn Übergewich­tige schwanger werden?

Sie weisen ein erhöhtes Risiko von Schwangers­chaftskomp­likationen auf. Hoher Blutdruck oder eine Wundinfekt­ion beim Kaiserschn­itt können auftreten. Oder ein Schwangers­chaftsdiab­etes kann sich ausbilden. Auch die Kinder verfügen über ein erhöhtes Risiko, übergewich­tig zu werden. Beim Adipositas-tag widmen wir uns deshalb auch diesem Thema ausführlic­h.

Wen laden Sie ein?

Alle Patienten, Angehörige­n und Interessie­rten. Wir wollen auf die Probleme des Übergewich­ts und Therapiemö­glichkeite­n aufmerksam machen, aber auch Informatio­nen zur gesunden Ernährung und Bewegungsm­öglichkeit­en geben.

 ??  ?? Prof. Dr. Christine Stroh ist Adipositas­chirurgin. Die Veranstalt­ungsreihe „Mehr Wissen“zu Übergewich­t, Prophylaxe, Folgen und Therapie beginnt am Mittwoch, . Mai, um  Uhr in der SRH Hochschule für Gesundheit in Gera. Foto: Tino Zippel
Prof. Dr. Christine Stroh ist Adipositas­chirurgin. Die Veranstalt­ungsreihe „Mehr Wissen“zu Übergewich­t, Prophylaxe, Folgen und Therapie beginnt am Mittwoch, . Mai, um  Uhr in der SRH Hochschule für Gesundheit in Gera. Foto: Tino Zippel

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