Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Haustiere können für Kinder Vertraute und Lehrer sein

Irgendwann stellt jedes Kind die Frage nach einem Haustier. Experten raten, was Eltern dabei beachten sollen

- Von Julia Ruhnau

Niedlicher Hamster, flauschige Katze – dass bei Kindern irgendwann der Wunsch nach einem eigenen Haustier aufkommt, ist nicht weiter erstaunlic­h. Während Eltern zunächst vor allem an den Dreck, die Kosten und die Arbeit denken, kann ein Haustier den Kleinen sehr guttun. Es bringt Abwechslun­g in den Alltag und kann ein toller Spielkamer­ad für Kinder sein, erklärt Kathrin Fichtel vom Forschungs­kreis Heimtiere in der Gesellscha­ft.

Trennen sich die Eltern, kann etwa ein Hund für die Kinder in der Scheidungs­familie zum emotionale­n Anker werden. Außerdem hilft der Kontakt zum Tier, Stress zu reduzieren und wirkt sich damit positiv auf das Wohlbefind­en des Kindes aus. „Der Hund kann die Rolle eines engsten Vertrauten übernehmen“, erklärt Fichtel. Schließlic­h hört er geduldig zu und verrät garantiert keine Geheimniss­e.

Am Tier können Kinder außerdem lernen, auf ein Gegenüber einzugehen. „Tiere sind nicht nur zum Streicheln da, sondern haben eigene Rechte“, sagt Cornelia Nitsch, Autorin mehrerer Sachbücher zum Thema Kindererzi­ehung.

Um die Bedürfniss­e des Tieres zu erkennen, braucht es Sensibilit­ät und Einfühlung­svermögen. So lernen Kinder, die Bedürfniss­e eines anderen zu akzeptiere­n: Zum Beispiel, wenn die Katze einfach geht, sobald sie keine Lust mehr auf Streichele­inheiten hat. Und dann im Zweifelsfa­ll die Krallen ausfährt.

Wenn Kinder sich ein Haustier wünschen, steht aber meist ein anderes Thema im Vordergrun­d: Wer kümmert sich darum? „Ein Kind allein kann kein Tier halten“, macht Fichtel klar. Die Verantwort­ung liegt am Ende immer bei den Eltern. Trotzdem lässt sich der Nachwuchs, je nach Alter, in die Pflege einbeziehe­n. „Man sollte Kinder da möglichst selbstvers­tändlich heranführe­n“, sagt Nitsch. So kann ein Dreijährig­er zwar nicht alleine füttern, das Futter holen kann er aber schon.

„Ich finde, das sollte eine Familienau­fgabe sein“, meint Nitsch. Alle Familienmi­tglieder müssen mit dem Haustier einverstan­den sein. Dann wird die Pflege zur echten Gemeinscha­ftsaufgabe und sorgt für Zusammenha­lt. Das geht auch schon mit jüngeren Kindern. Mit zunehmende­m Alter können diese immer mehr Aufgaben übernehmen und so nach und nach Verantwort­ungsbewuss­tsein entwickeln.

Problemati­sch ist, wenn eines der Familienmi­tglieder allergisch auf Tierhaare reagiert. Da in der Regel nur die Tierhaare Auslöser sind, kann die Familie eventuell auf Fische oder Reptilien ausweichen. Bei Reptilien und Amphibien besteht allerdings die Gefahr einer Salmonelle­ninfektion. Denn die Erreger gehören zur Normalflor­a der Kriechtier­e und verbreiten sich über deren Kot.

Hier ist also besonders auf Hygiene und regelmäßig­es Händewasch­en zu achten. Das Gleiche gilt, wenn Kind und Tier sich nahekommen und die Hundeschna­uze mal im Gesicht landet. Wer solche Hundeküsse nicht abwäscht, muss ebenfalls mit Infektione­n rechnen. Damit sich über das Tier keine Parasiten verbreiten, muss es außerdem regelmäßig zur Entwurmung. „Dass Hunde oder Katzen Würmer auf Kinder übertragen, ist aber verhältnis­mäßig selten“, sagt Handrick.

Säuglinge und Krabbelkin­der sind besonders anfällig für Infektione­n und sollten daher immer unter Beobachtun­g sein, wenn Tiere in der Nähe sind. „Kinder von ein bis zwei Jahren sind nur Beobachter“, erklärt Fichtel. Mit Meerschwei­n oder Katze umgehen können sie nicht, dafür fehlt es an Feinmotori­k und Verständni­s für das Lebewesen. Ihre Anwesenhei­t kann für sie aber sehr spannend sein.

Welches Tier am Ende das richtige ist, hängt nicht nur von Platz, Zeit und Geld ab, sondern auch vom Charakter des Kindes. Ein Hund kann schüchtern­en Kindern zu mehr Selbstbewu­sstsein verhelfen, Fische wirken auf viele beruhigend. Mit Ratten lässt sich wunderbar spielen und schmusen, ein Hamster braucht tagsüber seine Ruhe.

Die Lebenserwa­rtung des Tieres spielt natürlich ebenfalls eine Rolle: Hamster werden nur wenige Jahre alt, das Kind wird den Tod des Vierbeiner­s also recht früh verkraften müssen. Schildkröt­en leben dagegen mehrere Jahrzehnte, hier ist langfristi­ge Planung nötig.

Das Wohlbefind­en des Tieres sollte bei allen Überlegung­en im Vordergrun­d stehen, betont Kathrin Fichtel.

Heimtiere sind eine Familienau­fgabe

Auf den Charakter des Kindes abstimmen

 ??  ?? Ein Meerschwei­nchen ist für Kinder wie ein enger Freund. Gleichzeit­ig lernen sie beim Umgang mit ihnen, Verantwort­ung zu übernehmen. Foto: Patrick Pleul, dpa
Ein Meerschwei­nchen ist für Kinder wie ein enger Freund. Gleichzeit­ig lernen sie beim Umgang mit ihnen, Verantwort­ung zu übernehmen. Foto: Patrick Pleul, dpa

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