Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Koalition bleibt hart: Gebietsref­orm soll ohne Abstriche kommen

Rund Thüringer 600 Gemeinden verlieren ihre Selbststän­digkeit. Debatte über Kreisgrenz­en geht in heiße Phase

- Von Martin Debes

Erfurt. Die Gebietsref­orm wird doch nicht aufgeweich­t. Die Regierungs­fraktionen Linke, SPD und Grüne ließen das Vorschaltg­esetz für die Gebietsref­orm mit nur marginalen zusätzlich­en Änderungen passieren.

Damit dürfte die große Mehrheit der rund 840 Gemeinden in Thüringen bis zum Jahr 2018 ihre Selbststän­digkeit verlieren. Die Verwaltung­sgemeinsch­aften (VG), in denen sich 600 Gemeinden organisier­t haben, sollen aufgelöst werden.

Zuletzt hatte die Koalition darüber gestritten, ob für die VG eine dauerhafte Alternativ­e geschaffen wird. Doch die Hardliner innerhalb von Rot-rot-grün setzten sich durch: Die sogenannte Große Landgemein­de, deren Mitglieder einen größeren Teil ihrer Budget- und Satzungsre­chte behalten können, soll ausdrückli­ch nur für eine Übergangsz­eit bis 2024 erlaubt sein.

Der Landtag will noch diese Woche das Gesetz verabschie­den. Danach soll eine mehr als einjährige Freiwillig­keitsphase beginnen, während der die Gemeinden ihre Partner nach bestimmten Kriterien selbst suchen können. Das Land will diesen Prozess mit 155 Millionen Euro an Prämien und Strukturbe­ihilfen unterstütz­en.

Die Änderungsa­nträge der Opposition wurden bis auf eine Ausnahme ablehnt. Der Ausschuss empfahl im Sinne der Cdu-fraktion, das künftige Finanzbudg­et von Ortsteilen an die allgemeine Preisentwi­cklung anzupassen. Im Gesetz waren dauerhaft fünf Euro pro Einwohner vorgesehen.

„Die Koalition ruiniert mit der Reform die Verwaltung­sbasis dieses Landes“, sagte der Cduabgeord­nete Wolfgang Fiedler. Dies werde sich „bitterlich rächen“. Seine Fraktion hatte unter anderem gefordert, die VG weiterzuen­twickeln und nicht abzuschaff­en. Zudem sollte die Mindestgrö­ße für Gemeinden nur auf 5000 Einwohner angehoben werden – und nicht auf 6000, wie es Rot-rot-grün vorhat.

Auch die AFD übte Kritik. Die Koalition wolle die Reform ohne Rücksicht auf Verluste „in der ihnen genehmen Form durchdrück­en“, sagte der Abgeordnet­e Jörg Henke. Die zahlreiche­n Änderungsv­orschläge aus der Anhörung würden ignoriert.

Die Debatte innerhalb der Koalition fokussiert bereits auf die neue Kreisstruk­tur. Nach Informatio­nen unserer Zeitung will Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) den Fachpoliti­kern der Koalition Mitte August einen Vorschlag präsentier­en. Im September soll dann die Öffentlich­keit informiert werden.

Bislang kursieren noch mehrere Modelle, die eine Reduzierun­g der bisher 17 Landkreise auf sieben bis neun vorsehen. So ist nach wie vor unklar, ob der Ilm-kreis mit dem Landkreis Gotha oder dem Kreis Saalfeldru­dolstadt fusioniere­n soll. Festzusteh­en scheint, dass nur Erfurt und Jena ihre Kreisfreih­eit behalten. Gera, Eisenach, Suhl und auch Weimar sollen diesen Status verlieren. Im Unterschie­d zu den Gemeinden ist auf Kreisebene keine Freiwillig­keitsphase vorgesehen.

Änderungsa­nträge wurden abgelehnt

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