Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Koalition bleibt hart: Gebietsreform soll ohne Abstriche kommen
Rund Thüringer 600 Gemeinden verlieren ihre Selbstständigkeit. Debatte über Kreisgrenzen geht in heiße Phase
Erfurt. Die Gebietsreform wird doch nicht aufgeweicht. Die Regierungsfraktionen Linke, SPD und Grüne ließen das Vorschaltgesetz für die Gebietsreform mit nur marginalen zusätzlichen Änderungen passieren.
Damit dürfte die große Mehrheit der rund 840 Gemeinden in Thüringen bis zum Jahr 2018 ihre Selbstständigkeit verlieren. Die Verwaltungsgemeinschaften (VG), in denen sich 600 Gemeinden organisiert haben, sollen aufgelöst werden.
Zuletzt hatte die Koalition darüber gestritten, ob für die VG eine dauerhafte Alternative geschaffen wird. Doch die Hardliner innerhalb von Rot-rot-grün setzten sich durch: Die sogenannte Große Landgemeinde, deren Mitglieder einen größeren Teil ihrer Budget- und Satzungsrechte behalten können, soll ausdrücklich nur für eine Übergangszeit bis 2024 erlaubt sein.
Der Landtag will noch diese Woche das Gesetz verabschieden. Danach soll eine mehr als einjährige Freiwilligkeitsphase beginnen, während der die Gemeinden ihre Partner nach bestimmten Kriterien selbst suchen können. Das Land will diesen Prozess mit 155 Millionen Euro an Prämien und Strukturbeihilfen unterstützen.
Die Änderungsanträge der Opposition wurden bis auf eine Ausnahme ablehnt. Der Ausschuss empfahl im Sinne der Cdu-fraktion, das künftige Finanzbudget von Ortsteilen an die allgemeine Preisentwicklung anzupassen. Im Gesetz waren dauerhaft fünf Euro pro Einwohner vorgesehen.
„Die Koalition ruiniert mit der Reform die Verwaltungsbasis dieses Landes“, sagte der Cduabgeordnete Wolfgang Fiedler. Dies werde sich „bitterlich rächen“. Seine Fraktion hatte unter anderem gefordert, die VG weiterzuentwickeln und nicht abzuschaffen. Zudem sollte die Mindestgröße für Gemeinden nur auf 5000 Einwohner angehoben werden – und nicht auf 6000, wie es Rot-rot-grün vorhat.
Auch die AFD übte Kritik. Die Koalition wolle die Reform ohne Rücksicht auf Verluste „in der ihnen genehmen Form durchdrücken“, sagte der Abgeordnete Jörg Henke. Die zahlreichen Änderungsvorschläge aus der Anhörung würden ignoriert.
Die Debatte innerhalb der Koalition fokussiert bereits auf die neue Kreisstruktur. Nach Informationen unserer Zeitung will Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) den Fachpolitikern der Koalition Mitte August einen Vorschlag präsentieren. Im September soll dann die Öffentlichkeit informiert werden.
Bislang kursieren noch mehrere Modelle, die eine Reduzierung der bisher 17 Landkreise auf sieben bis neun vorsehen. So ist nach wie vor unklar, ob der Ilm-kreis mit dem Landkreis Gotha oder dem Kreis Saalfeldrudolstadt fusionieren soll. Festzustehen scheint, dass nur Erfurt und Jena ihre Kreisfreiheit behalten. Gera, Eisenach, Suhl und auch Weimar sollen diesen Status verlieren. Im Unterschied zu den Gemeinden ist auf Kreisebene keine Freiwilligkeitsphase vorgesehen.
Änderungsanträge wurden abgelehnt