Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Vw-chef stellt Zukunft des Diesels infrage
Der nach der Abgas-affäre kriselnde Autokonzern empfängt heute seine Aktionäre – und muss sich vielen Problemen stellen
Wolfsburg. Vw-konzernchef Matthias Müller zieht nach dem Abgas-skandal den Dieselmotor generell in Zweifel. Die Co2vorgaben der Europäischen Union zeigten, „dass die Abgasreinigung beim Diesel enorm teuer und aufwendig wird. Gleichzeitig wird die Elektromobilität preiswerter“, sagte der Manager vor der heutigen Hauptversammlung des Autobauers.
„Vor dem Hintergrund wird sich die Frage stellen, ob wir ab einem gewissen Zeitpunkt noch viel Geld für die Weiterentwicklung des Diesels in die Hand nehmen sollen“, sagte Müller. Es ist die Frage nach dem Ende einer Antriebs-ära. In Deutschland hängen zudem Zehntausende Jobs am Diesel.
VW hatte bei elf Millionen Dieselfahrzeugen per Software Abgastests manipuliert. In den USA haben die Wolfsburger alle Dieselmodelle vom Markt genommen. Vorige Woche kündigte Müller an, Milliarden in die Elektromobilität zu stecken. Das Ziel: 2025 könnte ein Viertel aller Konzernfahrzeuge mit einem reinen Batterieantrieb von den Fließbändern rollen.
Ob VW in den USA überhaupt wieder Dieselmotoren anbieten wird, bleibt unklar. Mit Blick auf den Heimatkontinent sagte Müller: „Im Dialog mit der Politik müssen wir sehen, wie das alles weitergeht.“Generell gelte aber: „Der Diesel ist bei Kunden in Deutschland und in Europa unverändert sehr beliebt.“
Moderne Diesel seien verbrauchsarm und sauber. „Ob die Bundesregierung bei den Steuervorteilen für den Diesel etwas ändern will, ist mir nicht bekannt“, sagte Müller. Die Branche will die Aussagen nicht als Vorboten für ein nahes Dieselende verstanden wissen. So ist der Selbstzünder etwa enorm wichtig für die Stuttgarter Konzerne Daimler und Bosch. Sprecher beider Unternehmen betonten, der Antrieb sei bereits wesentlich verbessert worden, habe jedoch noch Optimierungspotenzial.
In Deutschland liegt der Dieselanteil bei den Pkw-neuzulassungen bei 46 Prozent. Auf die Frage, ob der Abschied vom Verbrennungsmotor an die Energiewende bei Eon und RWE erinnere – mit dem Aus für die Nukleartechnik und Schrumpfung bei Gas und Kohle – sagte Müller: „Ein passender Vergleich.“