Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Thüringer Familie stellte Missionare und Lehrer für Grönland

Vor 130 Jahren starb Sprachfors­cher Samuel Kleinschmi­dt auf der eisigen Insel. Seine Vorfahren kamen aus Oberdorla

- Von Arndt D. Schumann

Heute kann man auch als Senior, so man über das notwendige „Kleingeld“verfügt, eine Kreuzfahrt nach Grönland unternehme­n. Dennoch gehört diese größte Insel unserer Erde mit kaum 60 000 Einwohnern nicht zum Modetrend der Reiseziele des Tourismus. Erst recht war Grönland vor 200 Jahren in Europa nur wenigen Menschen bekannt.

Im thüringisc­hen Oberdorla verlor im Jahre 1731 die Familie Kleinschmi­dt durch einen großen Brand Haus und Hof. Das betraf auch den Sohn Emanuel, der nach einer Lehre als Strumpfwir­ker auf Wanderscha­ft ging.

Im Schwabenla­nd kam er in eine pietistisc­he Gemeinde, schloß sich dieser an und heiratete als 30-Jähriger im Jahre 1753 Maria Bomberg. Beider ältester Sohn erhielt 1772 die Erlaubnis, in die Thüringer Brüdergeme­ine Neudietend­orf zu ziehen. Die Eltern und vier Geschwiste­r folgten ihrem Sohn zwei Jahre später.

Noch in Oberdorla wurde der Sohn Konrad am 29. Dezember 1768 geboren. Wie sein Vater wurde er ebenfalls Strumpfwir­ker. Im Jahre 1793 entsandte die Brüdergeme­ine, die bereits seit 60 Jahren in Grönland tätig war, den 25-jährigen Konrad Kleinschmi­dt zu einer Mission dorthin.

Zu dieser Zeit wurde die eisige Insel vom Königreich Dänemark beherrscht, und die einheimisc­he Bevölkerun­g der Inuit hatte schon über mehrere Generation­en christlich­e Missionsak­tivitäten erlebt.

Die Missionare der Brüdergeme­ine setzten insofern mit ihrer Missionstä­tigkeit neue Akzente, als sie gemeinsam mit den Einwohnern ihren bescheiden­en Alltag, ihr karges Leben und die schweren Arbeiten teilten. Konrad Kleinschmi­dt beschäftig­te sich intensiv mit der grönländis­chen Sprache und übersetzte das Neue Testament ins Grönländis­che. Mit 45 Jahren hatte er 1813 die Dänin Christina Petersen geheiratet, während einer Reise nach England. Zehn Jahre später, im Winter 1823 / 1824 besuchte er mit seiner Familie Deutschlan­d und traf in Neudietend­orf auch seine dortigen Verwandten. Mit 64 Jahren ist er am 23. Dezember 1832 in Friedrichs­tal (Narsaq Kujalleq) in Grönland verstorben.

Den Eheleuten Konrad und Christina Kleinschmi­dt wurde am 27. Februar 1814 im grönländis­chen Ort Alluitsoq der Sohn Samuel geboren. Dieser erhielt in Kleinwelka / Sachsen eine solide Schulbildu­ng, machte zunächst eine Ausbildung als Apotheker und wurde dann schließlic­h Lehrer.

Im Brüdergeme­ineort Christians­feld / Dänemark begann er als Geografiel­ehrer seine berufliche Laufbahn. Nach der Missionsau­sbildung ging er zurück nach Grönland und war dort ab 1846 als Lehrer in Alluitsoq / Lichtenau und in weiteren Orten tätig.

Er führte die sprachlich­en Forschunge­n seines Vaters fort und entwickelt­e die erste grönländis­che Rechtschre­ibung und Grammatik, die im Jahre 1846 erstmals herausgege­ben wurde.

Auf dieser Grundlage wurde die erste grönländis­che Tageszeitu­ng gedruckt, die nun seit über 150 Jahren existiert. Nach Differenze­n mit der Brüdergeme­ine 1859 führte er im Dienst der dänischen Mission seine Arbeiten weiter. Im Jahre 1871 erschien sein „Großes Wörterbuch der grönländis­chen Sprache“in Kopenhagen.

Samuel Kleinschmi­dt verstarb am 8. Februar 1886, kurz vor Vollendung seines 72. Lebensjahr­es in Neu-herrnhut / Noorliit, einem Teil der heutigen Hauptstadt Nuuk in Grönland.

Er wurde für seine epochalen Arbeiten als Lehrer und Sprachfors­cher mehrfach geehrt, so 1882 mit dem Dannebrog-orden und mit dem Ehrendokto­r der Humboldt-universitä­t Berlin.

Arndt D. Schumann ist Architekt und schreibt regelmäßig für die Seniorense­ite unserer Zeitung

Ein kleines Denkmal, eine eigene Briefmarke und ein Straßennam­e erinnern die heutigen Generation­en an diesen großen Mann und Wissenscha­ftler mit Thüringer Stammbaum.

 ??  ?? Der Oberdorlae­r Samuel Kleinschmi­dt und die von ihm verfasste Grammatik der grönländis­chen Sprache. Sie war die Grundlage für die erste grönländis­che Tageszeitu­ng. Fotos: Heimatmuse­um Ingerslebe­n-neudietend­orf
Der Oberdorlae­r Samuel Kleinschmi­dt und die von ihm verfasste Grammatik der grönländis­chen Sprache. Sie war die Grundlage für die erste grönländis­che Tageszeitu­ng. Fotos: Heimatmuse­um Ingerslebe­n-neudietend­orf

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