Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Zwei Jahre Haft für Lehrerin der „Zwölf Stämme“
Aus nichtigen Anlässen prügelte die 56-Jährige auf Kinder ein. Die Angeklagte wurde noch im Gerichtssaal verhaftet
Augsburg. Eine Lehrerin der Sekte „Zwölf Stämme“ist zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden, weil sie ihre Schüler geprügelt hat. Das Landgericht Augsburg ließ die 56-Jährige gestern unmittelbar nach der Urteilsbegründung im Gerichtssaal festnehmen. Erstmals muss damit ein Mitglied der Sekte wegen der in der Glaubensgemeinschaft üblichen Züchtigung von Kindern ins Gefängnis.
Richter Lenart Hoesch begründete den Haftbefehl gegen die Frau damit, dass Fluchtgefahr bestehe. Hintergrund ist, dass die Sekte sich in Deutschland verfolgt fühlt und deswegen nach Tschechien umzieht.
Die Frau gab zu, dass sie als Lehrerin der sekteneigenen Schule ihre Schüler auch mit Ruten geschlagen hatte. Die Jugendschutzkammer sprach sie der gefährlichen Körperverletzung und der Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig. Mitunter sei ein Kind bis zu achtmal am Tag geprügelt worden, sagte der Richter. Ein Opfer habe bis zu 30 Schläge bekommen, weil es gestottert oder falsch vorgelesen habe.
Im September 2013 hatte die Polizei wegen der Prügelvorwürfe rund 40 Kinder aus den Gemeinschaften der Sekte im schwäbischen Klosterzimmern bei Deiningen und im mittelfränkischen Wörnitz geholt und in Pflegefamilien untergebracht. In der Folge gab es eine Serie von Prozessen vor den Familiengerichten um das Sorgerecht, außerdem eine Reihe von Strafverfahren. Diese endeten bislang mit Bewährungsstrafen.
Das Amtsgericht Nördlingen hatte die Lehrerin in erster Instanz zu zweieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung hatten Berufung dagegen eingelegt. Die Staatsanwaltschaft forderte drei Jahre und drei Monate Gefängnis, der Verteidiger eine Bewährungsstrafe.
Der Fall ist für die Justiz wohl noch nicht beendet: Ihr Verteidiger kündigte bereits an, dass er Revision einlegen werde. Außerdem liegt bei der Augsburger Staatsanwaltschaft noch ein weiteres Verfahren. Dabei geht es darum, dass die Frau schon in den 90er-jahren zugeschlagen haben soll.
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