Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Familiendr­ama in Drage: Mutter und Tochter seit einem Jahr vermisst

Während der 41-jährige Familienva­ter ertrunken aus der Elbe geborgen wurde, fehlt von den Familienmi­tgliedern bislang jede Spur

- Von Peer Körner

Drage. Vor den Sommerferi­en 2015 werden die drei zuletzt gesehen, dann verliert sich die Spur der Familie aus Drage bei Hamburg. Sylvia Schulze fährt zur Arbeit bei einem Discounter, ihr Ehemann Marco holt sich Zigaretten aus einem Automaten. Die zwölfjähri­ge Tochter Miriam ist wegen einer Erkrankung nicht in der Schule. Nichts sei auffällig gewesen, heißt es.

„Am 22. Juli gibt es kein Lebenszeic­hen von Miriam mehr“, sagt Hauptkommi­ssar Michael Düker. „Sie dürfte aber noch gelebt haben, weil die Mutter wie immer zur Arbeit geht.“Miriam habe noch einen Arzttermin gehabt, dort sei sie nicht erschienen. Düker war Leiter der Sonderkomm­ission „Schulze“. Die Soko wurde mittlerwei­le aufgelöst, alle Spuren waren abgearbeit­et. Aber was mit Mutter und Tochter passierte, blieb rätselhaft, bis heute.

Am Abend des 22. Juli wird Marco Schulze noch einmal gesehen – er stellt die Mülltonne vor die Tür. Wenige Tage später wird der 41-Jährige tot aus der Elbe geborgen, ertrunken, mit einem Betonklotz an den Beinen. „Wir gehen von einem Familiendr­ama aus“, sagt Düker. „Eine Zeugin hat ausgesagt, dass sich die Frau möglicherw­eise von ihrem Ehemann trennen wollte. Doch wir haben keine Hinweise auf eine Trennung.“

Sylvia Schulze hat in Geesthacht gearbeitet. Am 24. Juli meldet der Marktleite­r sie als vermisst. Er ist besorgt, die 43Jährige gilt als absolut zuverlässi­g. Die Polizei kommt nach Drage, die Haustür wird geöffnet. Portemonna­ies und Papiere sind im Haus, ein Abschiedsb­rief findet sich nicht. Mit großem Aufwand wird gesucht, auch in der Elbe. Taucher, Sonarboote und Hunde werden eingesetzt, auch ein Hubschraub­er ist beteiligt. Immer wieder wird im Fluss gesucht, selbst Monate später noch.

Im August gibt es einen Hinweis: Der Fall wird in der Zdfsendung „Aktenzeich­en ... XY ungelöst“gezeigt, eine Zeugin meldet sich. Sie will die Familie am 22. Juli an einem kleinen See im Buchholzer Ortsteil Holmseppen­sen gesehen haben. Und tatsächlic­h finden Suchhunde dort Geruchsspu­ren, doch nur die des Vaters führen wieder weg. Die Polizei sucht im Wasser und am Ufer, ohne Erfolg.

Neun Monate später meldet sich eine ältere Tochter von Sylvia Schulze zu Wort. Die 25-Jährige geht davon aus, dass ihr Stiefvater Frau und Tochter getötet hat, bevor er in den Fluss gesprungen ist. Wegen Trunkenhei­t am Steuer habe er den Führersche­in verloren, erzählt sie im Mai.

Weil Marco Schulze im Hauptjob in einer Chemiefabr­ik arbeitete, hätte er zwei Tote spurlos verschwind­en lassen können, spekuliert sie. „Wir haben in der Firma Säuren ganz exakt auf Fehlbestän­de überprüft“, sagt Düker dazu nur.

Am 29. Juni will Hauptkommi­ssar Düker erneut bei „Aktenzeich­en XY“nach Zeugen suchen. „Wir wollen den Fall unbedingt klären“, betont Düker.

Der Bestand an Säuren wurde exakt überprüft

 ??  ?? Einsatzkrä­fte von Feuerwehr und Polizei suchten im Juli  bei Hohnstorf am Elbufer nach Hinweisen. Dort wurde die Leiche von Marco Schulze gefunden, dessen Frau und Tochter seit einem Jahr vermisst werden. Foto: Philipp Schulze, dpa
Einsatzkrä­fte von Feuerwehr und Polizei suchten im Juli  bei Hohnstorf am Elbufer nach Hinweisen. Dort wurde die Leiche von Marco Schulze gefunden, dessen Frau und Tochter seit einem Jahr vermisst werden. Foto: Philipp Schulze, dpa

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