Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Eine Frau als bester Mann

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Jörn Meyn über den Fall Neumann und ein Spiel in Evian

Es gibt im Fußball immer noch einen Machismo, der wenig appetitlic­h ist. Vorgeführt bekommen wir ihn im Moment am Fall Claudia Neumann. Über die Zdf-kommentato­rin, die erste Frau überhaupt, die den Tv-zuschauern während einer Partie das Spiel erklärt, regen sich Leute auf, und hacken ihren Frust dann in klebrige Tastaturen, dass er auf ewig im Internet zu finden sein wird. Fußballkom­mentatoren in Deutschlan­d sind ohnehin einem erhöhten Pöbelrisik­o ausgesetzt. Aber man darf im Fall Neumann schon den Verdacht äußern, dass ihr Frausein allein ein paar Herren provoziert.

Frauen im Fußball sind offenbar immer noch nur als schöne Kulisse akzeptiert. Wenn sie aber mitspielen, sei es als Schiedsric­hterin wie Bibiana Steinhaus oder als Erzählerin wie Neumann, dann würgt sich der alte Reflex bei vielen nach oben: „Frauen und Fußball“. Er steht in einem engen Verwandtsc­haftsverhä­ltnis mit dem alten Reflex „Frauen am Steuer“. Und deshalb erzähle ich Ihnen jetzt von einer Begegnung in Evian.

Wir Reporter haben dort neulich ein Fußballspi­el auf dem Kunstrasen der deutschen Nationalel­f organisier­t, das vom Bundestrai­ner Joachim Löw im Übrigen höchst selbst erlaubt wurde. Da spielte in unserem Team eine junge Frau im Sturm – Margot Dumont, eine Tv-reporterin vom Pay-tv-sender bein-sports – also das, was bei uns manche als schöne Kulisse empfinden. Margot hat zwar kein Tor geschossen, uns aber nachdrückl­ich beeindruck­t: Riesentech­nik, flinke Beine, hart im Zweikampf.

Später erzählte sie, dass sie mal in der ersten französisc­hen Frauenliga gespielt habe. Bei unserem Reporterki­ck jedenfalls, dessen Ergebnis hier nichts zur Sache tut, war sie der beste Mann auf dem Platz. Und das hat uns in Zeiten wie diesen ein bisschen glücklich gemacht.

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