Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Linke-vorsitzender stellt Bedingungen für Rot-rot-grün im Bund
Für Investitionen in Sozialstaat sieht Riexinger genug Geld vorhanden. Und stimmt in die Forderungen nach mehr Polizisten ein
Berlin. Linke-vorsitzender Bernd Riexinger hat Bedingungen für eine rot-rot-grüne Regierungskoalition auf Bundesebene genannt. „Wir machen Rotrot-grün nur, wenn es eine friedliche Außenpolitik und für große Teile der Bevölkerung eine spürbare Verbesserung gibt“, sagte Riexinger dieser Zeitung. Erste Voraussetzung seien „armutsfeste Renten“. Zweitens solle der Mindestlohn „sofort auf zehn und dann auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden“. Drittens müsse Deutschland „die Zwei-klassen-medizin abschaffen“. Viertens forderte Riexinger ein Investitionsprogramm im öffentlichen Sektor. „Im Nahverkehr und auch sonst ist in Deutschland zu viel kaputt“, sagte der Linke-chef. Als fünften Punkt nannte Riexinger mehr Geld für Schulen und sozialen Wohnungsbau.
Das Geld für derlei Wohltaten sei vorhanden. „Der Haushalt hat einen gewaltigen Überschuss. Deutschland ist ein reiches Land – der Reichtum ist aber extrem ungleich verteilt. Aufgabe einer Bundesregierung muss sein, diese soziale Ungleichheit zu bekämpfen.“Dazu gehöre die Wiederbelebung der Vermögenssteuer.
Riexinger verlangt zudem von SPD-CHEF Sigmar Gabriel, sich klar links zu positionieren. „Gabriel ist hinreichend flexibel, auch auf uns zuzugehen“, sagte der Linke-chef. Aber der SPD-CHEF müsse entscheiden, was er wolle. „Im Moment eiert er nur herum. Fest steht: Kanzler werden kann Gabriel nur mit uns.“Natürlich würde er sich wünschen, die Sozialdemokraten hätten einen Kandidaten wie den linken Us-demokraten Bernie Sanders. Das sei aber unwahrscheinlich. Man werde die personelle Aufstellung der SPD akzeptieren – „und dann schauen, was inhaltlich geht“, sagt der Bundesvorsitzende der Linken.
Zudem attackiert Riexinger die Grünen, die sich sowohl Schwarz-grün als auch Rot-rotgrün als Option offen halten. „Die Grünen sind auf alle Fälle regierungsgeiler als die Linke“, sagte er. „Die wollen sich alle Hintertürchen offen lassen und sind kurz davor, die Regierungsreserve für die CDU zu werden.“
Nach den Terroranschlägen auch in Deutschland stellt sich der Vorsitzende der Linken auch hinter Forderungen nach mehr Polizisten. „Natürlich muss die Polizei gestärkt werden“, sagte Riexinger. Doch es gehe nicht nur um Spezialeinheiten und gute Ausrüstung, sondern auch um Präventionsarbeit. „Die Polizei muss schnell vor Ort sein und öffentlich gut sichtbar“, sagte Riexinger. „Hier
Kritik an „Herumeiern“von SPD-CHEF Gabriel
wurden in den vergangen Jahren viel zu viele Stellen abgebaut.“
Zugleich fordert Riexinger mehr Anstrengungen bei der Integration von Zuwanderern. „Es darf keine Gettos geben“, sagte der Linke-chef. Für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen müssten mehr Lehrer und Sozialpädagogen eingestellt werden. „Integrationspolitik schafft Sicherheit.“
Offen räumt der Parteivorsitzende ein, mit Linke-fraktionschefin Sahra Wagenknecht und ihrer Verknüpfung der Flüchtlingsfrage mit dem Terror ein Problem zu haben. „Das hat mich geärgert, weil wir als Linke gute Konzepte zur Flüchtlingspolitik und innerer Sicherheit haben, aber Sahra hat das ja umgehend richtiggestellt“, sagte Riexinger. Es sei absurd, Wagenknecht in die Nähe der AFD zu rücken. Die Fraktionschefin hatte nach dem Terroranschlag von Ansberg erklärt, „dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ‚Wir schaffen das‘ uns im letzten Herbst einreden wollte“. Damit hatte sie in der eigenen Partei massive Kritik bis hin zu Rücktrittsforderungen ausgelöst.
Angesprochen auf die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck erklärte Riexinger, dass ein rot-rot-grüner Kandidat ein erster Lackmustest dafür wäre, dass auch andere politische Verhältnisse hergestellt werden können. Es hänge viel an den Grünen.