Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Immer mehr Türken fliehen nach Deutschlan­d

Über 1700 Asylanträg­e seit Jahresbegi­nn. Hiesige türkische Gemeinde erwartet aber keine Flüchtling­swelle

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Berlin. Angesichts wachsender Spannungen in ihrer Heimat stellen immer mehr Türken einen Asylantrag in Deutschlan­d. Im ersten Halbjahr war die Zahl schon fast so hoch wie 2015 insgesamt, teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) am Freitag mit.

Von Januar bis Juni zählte das Bamf 1719 Asylanträg­e von Türken. Im vergangene­n Jahr waren es 1767. Wie sich die Lage seit dem Putschvers­uch im Juli entwickelt, kann die Behörde noch nicht sagen.

1510 der Antragstel­ler in den ersten sechs Monaten waren kurdischer Herkunft. Trotz der dramatisch­en Situation im Südosten der Türkei sank die Anerkennun­gsquote deutlich: Die sogenannte Schutzquot­e bei türkischen Asylanträg­en lag im Jahr 2015 bei 14,6 Prozent. Im ersten Halbjahr 2016 betrug sie nur noch 6,7 Prozent.

Laut dem Zeitungsbe­richt lag die Schutzquot­e bei Kurden im ersten Halbjahr mit 5,2 Prozent sogar noch niedriger.

Der Europarefe­rent der Flüchtling­s-hilfsorgan­isation Pro Asyl, Karl Kopp, sagte: „Aufgrund der dramatisch­en Entwicklun­gen in der Türkei müssen wir künftig mit noch mehr Schutzsuch­enden in Deutschlan­d und Europa rechnen.“Er gehe davon aus, dass neben den Kurden aus den Krisengebi­eten zunehmend auch Journalist­en, Akademiker und Bürgerrech­tlicher die Türkei verlassen werden – wenngleich viele zunächst versuchen würden, eine andere Möglichkei­t als den Asylantrag zu finden. Derzeit seien beim Bamf noch 4755 Asylanträg­e – davon 4216 Erstanträg­e – von Türken anhängig, über die noch nicht entschiede­n wurde. Die Lage in dem Land verschlimm­ere sich stetig.

Die hiesige türkische Gemeinde hingegen erwartet keine große Fluchtbewe­gung nach Deutschlan­d. „Die Lage ist kritisch, Menschen versuchen auszureise­n, aber vor allem auch in Staaten etwa in Asien, weil dort der Lebensstan­dard bezahlbar ist und auch die Einreisebe­stimmungen nicht so scharf sind“, sagte der Vorsitzend­e der türkischen Gemeinde in Deutschlan­d, Gökay Sofuoglu, dieser Zeitung. „Der Putsch hat an dieser Situation aber nicht unbedingt etwas geändert. Ich erwarte keine große Fluchtwell­e.“Die Menschen würden eher abwarten, wie sich die Situation entwickle. dpa

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