Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Bahnkunden­verbände warnen vor ausgedünnt­em Fernstreck­ennetz

Neues Eisenbahnr­egulierung­sgesetz belastet den Fern- und Güterverke­hr mit deutlich höheren Trassenpre­isen

- Von Bernd Jentsch

Erfurt. Der Thüringer Landesverb­and des Vereins „Pro Bahn“und der Deutsche Bahnkunden­verband schlagen Alarm: Sie fürchten, dass das neue Eisenbahnr­egulierung­sgesetz zum Ausdünnen des Streckenne­tzes im Fernverkeh­r der Bahn oder zu teureren Fahrkarten führt.

„Diese Gesetz belastet den Fern- und Güterverke­hr in erhebliche­m Umfang“, erklärte Frank Petrovsky vom Bahnkunden­verband auf Anfrage. Was für die Kunden des Nahverkehr­s zunächst positiv erscheine, dass die Steigerung des jährlichen Anstiegs der Trassenpre­ise auf eine Höhe von 1,8 Prozent gedeckelt wird, gehe eindeutig zu Lasten der anderen Bahnsparte­n, warnte Petrosvky.

Da die DB Netz AG von weiterhin um 2,4 Prozent steigenden Trassenpre­ise im Jahr ausgehe, müssten Fern-und Güterverke­hr, die nur ein Drittel des gesamten Verkehres auf der Schiene ausmachen, mit jährliche Kostenstei­gerungen von 3,6 Prozent für die Trassennut­zung rechnen.

„Irgendwer muss die Kosten ja aufbringen“, sagte Petrovsky. Allerdings könnten das Fernund Güterverke­hr nicht einfach kompensier­en. Da steigende Fahrkarten­preise – in den zurücklieg­enden Jahren eine vielfach genutzte Option – angesichts eines harten Wettkampfe­s in der Güterspart­e als auch mit den Fernbussen, schwer fielen, gehe es wohl ans Streckenne­tz.

„Es ist zu befürchten, dass sich die Bahn dann auf die Hauptrelat­ionen konzentrie­rt und auf anderen Strecken den Verkehr ausdünnt“, so Petrovsky. Die angekündig­te Offensive der Bahn, in den nächsten Jahren mit zusätzlich­en Ic-zügen wieder einige deutsche Großstädte mehr an den Fernverkeh­r anbinden zu wollen, sie wäre dann hinfällig.

Der Bahnkunden­verband erneuerte seine Forderung, wie in anderen europäisch­en Ländern üblich, nur die sogenannte­n Grenzkoste­n von den Unternehme­n und Fahrgästen zahlen zu lassen. „Die Kosten für den Unterhalt der Strecken sollten aus dem Bundeshaus­halt finanziert werden“, so Petrovsky.

Der Landesverb­and Thüringen des Vereins „Pro Bahn“forderte Aufklärung über die tatsächlic­hen Trassenpre­ise. „Niemand legt diese Zahlen offen“, kritisiert­e Bernd Schlosser. „Es muss doch erst einmal geklärt werden, was der Unterhalt von einem Kilometer Schiene tatsächlic­h in einem Jahr kostet“, sagte Schlosser.

Er halte die momentan angesetzte­n Kosten von rund 40 000 Euro jährlich pro Schienenki­lometer für völlig überzogen. Für den Erhalt von einem Kilometer Landstraße sei eine Zahl von 7500 Euro im Jahr im Gespräch, so Schlosser.

Er begrüße zwar, dass durch die Deckelung des Preisansti­egs im Nahverkehr rund 80 bis 90Prozent der Bahnkunden profitiere­n, so Schlosser. Dies dürfe aber nicht zu Lasten des Fernund des Güterverke­hres geschehen, forderte auch der Thüringer „Pro-bahn“-vertreter.

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Die Verteilung der Kosten für den Erhalt der Schienenwe­ge erzürnen die Fahrgastve­rbände. Sie befürchten nach einer gesetzlich­en Neuregelun­g jetzt Preiserhöh­ungen oder Streckenst­illlegunge­n im Bahnfernve­rkehr. Archiv-foto: Sascha Fromm

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