Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

„Nach 100 Jahren haben sich die Enkel friedlich getroffen“

Reserviste­n besuchten Kampfstätt­en des Ersten Weltkriegs. Die IG Absolvente­n auf den Schlachtfe­ldern von Verdun

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Unser Leser Wolfgang Schneider aus Sömmerda berichtet von einem bewegenden Besuch in Frankreich: Vom 16. bis 19. Juni 2016 besuchte eine Gruppe der Interessen­gemeinscha­ft (IG) Absolvente­n – anlässlich des 100-jährigen Gedenkens – die Schlachtfe­lder von Verdun. Wir, Pit, Erhard, Lothar, Jens und Wolfgang wandelten auf den Spuren von 1994, es gab manches Déjà-vu, aber vor allem gute Begegnunge­n und Gespräche.

Nicht zuletzt war dies auch unserer „Kluft“geschuldet, alle trugen ein originalge­treues „Krätzchen“(eine Soldatenmü­tze aus dem Ersten Weltkrieg). Wir wurden von vielen Franzosen daraufhin angesproch­en, immer freundlich und interessie­rt. Der deutsche Soldat wird inzwischen als Leidensgen­osse unter Gleichen angesehen. Auch alle Schautafel­n tragen nunmehr neben Französisc­h und Englisch auch einen Beitrag in deutscher Schrift. Früher undenkbar. Neben den Hauptorten von 1994 (erster Besuch der IG/ d.r.) besuchten wir diesmal auch andere wichtige „Nebenplätz­e“der Schlacht, als da zu nennen sind : Die zerstörte Klosterkir­che von Montfaucon, eine eindrucksv­olle Ruine. Sie erinnert an die der Frauenkirc­he von Dresden. Dort hatte sich der Kronprinz als Oberbefehl­shaber einen Beobachtun­gsstand aus Trümmertei­len so errichten lassen, dass dieser als solcher nicht zu erkennen war.

Das Dorf Vauquois nordwestli­ch von Verdun, welches auf einem strategisc­h wichtigen Höhenzug lag und durch Unterminie­rungen komplett weggespren­gt wurde. Nur noch riesige Krater, unvorstell­bar...

Die Krater von Le Esparges, einem Höhenzug südöstlich von Verdun, welcher ebenfalls durch gewaltige Minenkrate­r genarbt ist und am Hang den Unterstand des Kronprinze­n beherbergt.

Zu den denkwürdig­en Begegnunge­n gehört die mit einer älteren, elegant gekleidete­n Dame auf dem deutschen Soldatenfr­iedhof bei Consenvoye. Sie sprach uns an und gab, emotional berührt, zu verstehen, dass sie als kleines Mädchen bei der Umbettung der sterbliche­n Überreste deutscher Soldaten dabei war. Auf diesem größten Friedhof der Region war das Trauergest­eck der Kanzlerin noch nicht verblüht...

Auch der Besuch des amerikanis­chen Friedhofs Meuse-argonne American Cemetery and Memorial hat einen bleibenden Eindruck hinterlass­en. Die schneeweiß­en Marmorkreu­ze (etwa 44 000 Stück), wie mit dem Laserstrah­l akkurat in jeder Richtung gesetzt, der Rasen gepflegt wie ein Golfplatz. Eine große Trauerhall­e mit den Namen derer, welche kein Grab haben konnten. Die Achtung und Wertschätz­ung der Amerikaner für ihre Gefallenen findet in der Anlage und Pflege ihrer Grabstätte­n einen bemerkensw­erten Ausdruck.

Neben der Höhe 304 besuchten wir die Höhe Toter Mann, ein heiß umkämpfter Frontabsch­nitt nördlich von Verdun mit beeindruck­endem Denkmal.

Ganz besonders hervorzuhe­ben ist ein Aufeinande­rtreffen der besonderen Art: Auf dem Höhenzug bei Le Esparges sprach uns ein Franzose an. Er war da, weil sein Großvater dort gekämpft hatte. Und aus den Unterlagen von Lothars Großvater war zu entnehmen, dass dieser zur gleichen Zeit ebenfalls dort war. Nun haben sich also die Enkel nach 100 Jahren in friedlichs­ter Absicht getroffen, es war ergreifend!

Wir sind zurückgeke­hrt mit dem guten Gefühl, der Toten aller Nationen, die in dieser furchtbare­n Schlacht ihr Leben ließen, an ihren Gräbern und auf den Kampffelde­rn gedacht zu haben... und durch gute Gespräche mit vielen Franzosen haben wir den Gedanken der friedliche­n Verständig­ung weitergetr­agen.

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Die Verdun-reisegrupp­e der IG Absolvente­n Sömmerda traf vor dem Fort Douaumont eine Gruppe von reserviste­n der Bundeswehr und ließ die begegnung in einem Gruppenbil­d fotografis­ch dokumentie­ren. Fotos: privat ()

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