Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

„Leider nutzen nicht alle den Zeitrahmen voll aus“

Dirk Wojczyk prüft angehende Automobilk­aufleute. Viele seien bei der Prüfung zu hastig, meint er.

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Dirk Wojczyk ist hauptberuf­lich Prokurist im Autohaus Rainer Seyfarth in Gotha. Nach dem Abitur Anfang der 1990er-jahre absolviert­e er dort zunächst eine Ausbildung zum Einzelhand­elskaufman­n. Später spezialisi­erte er sich auf den Vertrieb von Nutzfahrze­ugen und stieg 2013 in die Geschäftsl­eitung auf. Wojczyk engagiert sich seit vielen Jahren im Prüfungswe­sen für angehende Automobilk­aufmänner und –frauen. Seit letztem Jahr ist er Vorsitzend­er des Prüfungsau­sschusses.

Bitte beschreibe­n Sie kurz den Ablauf der Prüfung in diesem Beruf? Die Ausbildung­szeit beträgt drei Jahre. Hat ein Auszubilde­nder die Hälfte seiner Lehrzeit absolviert, gibt es eine Zwischenpr­üfung. Hier kann er die bisher erworbenen Kenntnisse nachweisen. Die Abschlussp­rüfung ist in vier Sparten eingeteilt: Vertrieb und Servicelei­stung, Finanzdien­stleistung, Wirtschaft und Sozialkund­e und die praktische Prüfung. Die praktische Prüfung ist ca. 20 Minuten lang. Der Prüfling zieht eine Aufgabe welche aus allen Abteilunge­n des Autohauses sein kann. Wer prüfen will, muss selbst umfassende Kenntnisse besitzen. Sind Sie speziell ausgebilde­t, um in diesem Fachgebiet als Prüfer tätig zu sein? Ich habe von 1993 bis 1996 selbst den Beruf, damals noch bezeichnet als „Einzelhand­elskaufman­n Fachgebiet 8 Kfz, Teile, Zubehör“im Autohaus Seyfarth gelernt und bin seit 2000 im Prüfungsau­sschuss der Hwk tätig. Eine spezielle Ausbildung gibt es nicht, aber das Alltagsges­chäft, das Sammeln von Erfahrunge­n und eigene Weiterbild­ungen im berufliche­n Kontext sind die beste Vorbereitu­ng für jeden Prüfer. In welchen Punkten unterschei­det sich die Prüfung in diesem Beruf von anderen? Zu den Prüfungen in anderen Berufen kann ich nicht viel sagen. Ich denke durch die Möglichkei­t vieler Einsatzzwe­cke im Autohaus ist die Prüfung vielseitig­er und verlangt ein umfangreic­hes Wissen über alle Abteilunge­n. Sie ist sehr praxisorie­ntiert und beinhaltet auch Gemeinwiss­en.

Wie lange dauert die Prüfung? Die Zwischenpr­üfung beinhaltet ca. 50 Aufgaben und dauert zwei Stunden. Bei der Abschlussp­rüfung wird jeweils eine Stunde zu den Bereichen Finanzdien­stleistung sowie Wirtschaft und Sozialkund­e geprüft. Zwei Stunden sind für Service und Vertrieb vorgesehen und die praktische Aufgabe muss in 20 Minuten gelöst werden.

Digitalisi­erung und Internatio­nalisierun­g haben zu steigenden Anforderun­gen in vielen Berufen geführt. Ist die Prüfung in den letzten Jahren strenger geworden? Ich würde nicht sagen, dass strenger geprüft wird. Dafür aber anders. Die einem stetigen Wandel unterliege­nden Gesetzmäßi­gkeiten oder Megatrends wie Globalisie­rung und Digitalisi­erung haben natürlich einen Einfluss auf die Aufgabenst­ellungen in der Prüfung. Eine große Rolle spielt in unserem Berufszwei­g auch der zunehmende Handel über das Internet.

Wie läuft bei Ihnen ein typischer Prüfungsta­g ab? Zunächst treffe ich mich mit den anderen Prüfern. Dies sind jeweils ein Vertreter der Berufsschu­le, der Inhaber eines Handelsbet­riebes und ein Verkäufer. Wir besprechen dann die Aufgaben und die Vornoten des Prüflings aus den schriftlic­hen Teilen. Zudem tauschen wir uns über zusätzlich­e Aufgaben und mögliche Fragen aus.

Wenn der Prüfling eingetroff­en ist, zieht er seine Aufgabe aus und hat eine Viertelstu­nde Zeit, sich vorzuberei­ten. Danach haben sie 20 Minuten Zeit, die Aufgabe kurz vorzustell­en und zu erläutern. Leider sind viele Prüflinge schon nach zehn Minuten fertig und nutzen nicht immer den zur Verfügung stehenden Rahmen.

Anschließe­nd stellt der Prüfungsau­sschuss seine individuel­len Fragen. Wenn das alles geschehen ist, werten wir die Prüfung kurz aus und der Prüfling erhält die Möglichkei­t, seine Leistung selbst einzuschät­zen. Je nach Leistung teilen wir dem Prüfling dann seine Note mit und bei bestandene­r Prüfung händigen wir die Urkunde für den Arbeitgebe­r aus.

Was sind die häufigsten Fehler, die Prüflingen unterlaufe­n?

Sehr oft unterlaufe­n den Prüflingen Formulieru­ngsfehler die aus dem falschen Verständni­s des Erlernten resultiere­n. Außerdem gibt es häufig Leichtsinn­igkeitsfeh­ler beim Rechnen.

 ??  ?? Dirk Wojczyk aus Gotha ist Vorsitzend­er des Prüfungsau­sschusses für Automobilk­aufmänner- und frauen der Handwerksk­ammer Erfurt. Foto: Marco Kneise
Dirk Wojczyk aus Gotha ist Vorsitzend­er des Prüfungsau­sschusses für Automobilk­aufmänner- und frauen der Handwerksk­ammer Erfurt. Foto: Marco Kneise

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