Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Neue Kredit-regeln: Kommen Hausbauer schwerer an Geld?

Kreditinst­itute schlagen Alarm: Ein neues Gesetz erschwert aus ihrer Sicht die Vergabe von Immobilien­krediten

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Frankfurt. Müssen Hausbauer künftig um die Finanzieru­ng der eigenen vier Wände fürchten? Verschärft­e Bestimmung­en für die Vergabe von Immobilien­krediten sorgen für Unmut in der Finanzbran­che. Seit Inkrafttre­ten des Gesetzes Ende März vermeldete­n mehrere Sparkassen­verbände im zweiten Quartal 2016 einen Einbruch der Immobilien­darlehensz­usagen um zehn bis zwanzig Prozent.

Verbrauche­rschützer haben dagegen bislang keine Hinweise, dass Kreditwüns­che im großen Stil abgelehnt werden. „Derzeit gibt es keinen gesicherte­n Trend, allerdings einige markante Einzelfäll­e“, sagte Finanzexpe­rte Frank-christian Pauli vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbv). „Es besteht aber die Gefahr, dass aus Verunsiche­rung manche Bestimmung­en übervorsic­htig ausgelegt werden.“

Durch eine Eu-richtlinie, die im Frühjahr in deutsches Recht umgesetzt wurde, werden die Institute verpflicht­et, die Kreditwürd­igkeit von Kunden genauer zu prüfen. Verbrauche­r sollen so vor wackligen Finanzieru­ngen geschützt werden. „Es kommt nicht mehr nur auf die Sicherheit­en an, die der Kunde bietet. Er muss auch in der Lage sein, das Darlehen zurückzuza­hlen. Das ist grundsätzl­ich sinnvoll“, erläutert Pauli. Entscheide­nd sei allerdings, wie Kreditinst­itute die neuen Regeln interpreti­erten. Baden-württember­gs Sparkassen­verbands-chef Peter Schneider hält die Regeln dagegen für „völlig überzogen und ohne Grund“, auch weil es vorher keine hohen Kreditausf­älle gegeben habe. „Es war ein völlig problemfre­ier Geschäftsz­weig.“ Das Gesetz solle geändert werden. Die Immobilien­darlehenzu­sagen seien in Baden-württember­g im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro gesunken. Im ersten Vierteljah­r also vor Inkrafttre­ten des Gesetzes - seien es hingegen 13 Prozent mehr gewesen. Auch andere Sparkassen­verbände berichtete­n auf Anfrage von Rückgängen: In Bayern war es ein Minus um etwa zehn Prozent auf 3,5 Milliarden Euro, in Niedersach­sen um zwölf Prozent auf 2,4 Milliarden Euro, in Ostdeutsch­land um 14 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Auch Volksbanke­n berichten von Gegenwind. Banken wie die Ing Diba meldeten hingegen keine Rückgänge. „Mancher Bankmitarb­eiter sieht sich an der Vergabe eines Immobilien­kredites gehindert, obwohl er den Kunden kennt und weiß, dass er das Darlehen zurückzahl­en kann“, berichtete Markus Feck von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-westfalen. So habe ein 80Jähriger Geld für die Renovierun­g seiner hypotheken­freien Immobilie gebraucht. Der Mitarbeite­r des Kreditinst­itutes sei unsicher gewesen, ob er wegen des Alters des Mannes das Darlehen vergeben dürfe.

„Auslegungs­unsicherhe­iten sollten nicht zu Lasten der Verbrauche­r gehen“, betonte Pauli. Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g bezweifelt, dass die Regeln tatsächlic­h normalen, finanziell soliden Bankkunden den Weg zum Immobilien­darlehen verbauten. „Das hört man zurzeit oft aus dem Lager der Banken – und wir werden das weiter beobachten. Bislang liegen uns dazu aber noch keine Beschwerde­n vor.“

Kreditverg­abe sinkt nach neuem Gesetz deutlich

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Der fast fertige Neubau eines Hauses in einem Neubaugebi­et in Nieder-olm (Rheinland-pfalz). Foto: Fredrik von Erichsen, dpa

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