Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Beispielloser Ausfall bei Tuifly
Krankheitswelle legt Betrieb lahm. Bundesverkehrsminister rät Kunden, Schadenersatzansprüche geltend zu machen
Berlin. Es wird eng für die Fluggesellschaft Tuifly und ärgerlich für Tausende Fluggäste. Bei Tuifly meldeten sich an den vergangenen Tagen immer mehr Crews kurzfristig krank. Die Folge: Die Flugzeugflotte des Ferienfliegers blieb am Freitag weitgehend am Boden. Für das Unternehmen ist das dramatisch: Wie in Thüringen beginnen auch in anderen Bundesländern an diesem Wochenende die Herbstferien.
Doch es gibt Hoffnung: Nach einem Schlichtungsgespräch im niedersächsischen Wirtschaftsministerium geht der Ferienflieger wieder von einem weitgehend normalen Flugbetrieb ab Sonntag aus. „Voraussichtlich werden 115 Flüge starten“, heißt es in einer Erklärung. Aus operationellen Gründen müsse Tuifly aber am Sonnabend große Teile des Flugprogramms streichen, 118 Flüge seien davon betroffen. Parallel organisiere TUI Zusatzflüge.
Zuvor hatte der Reisekonzern eingelenkt und war den Forderungen der Arbeitnehmer mit einer mindestens dreijährigen Standort- und Tarifgarantie entgegengekommen. Zudem wurde eine Entscheidung über die geplante Neuordnung nun von Ende September auf Mitte November verschoben, um mehr Zeit für die Suche nach gangbaren Alternativvorschlägen zu geben. Detlef Ahting, der als Vertreter der Gewerkschaft Verdi bei dem Schlichtungsgespräch war, nannte die gefundene Lösung eine gute Grundlage. Die Gespräche der nächsten Wochen müssten nun zeigen, ob sie belastbar sei.
Vor einer Woche war bekanntgeworden, dass Tuifly in eine neue Dachholding unter Führung von Etihad integriert werden soll. Arbeitnehmervertreter befürchten Job-verluste. Seitdem führen kollektive Krankmeldungen der Besatzungen zu Flugausfällen und massiven Verspätungen. Tuifly ist nun darauf angewiesen, dass sie wieder zum Dienst kommen.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sprach von einem guten Signal und forderte neben einem Blick nach vorne auch eine Aufarbeitung der vergangenen Spannungen. „Ziel ist ein Lösungsvorschlag“, sagte er, „bei dem alle zustimmend nicken können.“
Nach den massiven Ausfällen mehrt sich die Kritik am Tuikonzern, weil er keine Entschädigungen an betroffene Passagiere zahlen will. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) empfahl betroffenen Urlaubern, Schadenersatzansprüche bei dem Ferienflieger anzumelden. Er könne allen Kunden nur raten, ihre rechtlichen Ansprüche geltend zu machen, sagte der Csu-politiker am Rande der Verkehrsministerkonferenz in Stuttgart. TUI beruft sich auf höhere Gewalt und will Betroffene nicht entschädigen.
Kritik kam auch vom Tourismusforscher Torsten Kirstges, der den Tuifly-mutterkonzern TUI vor einem Imageschaden warnte. Mit Blick auf die Entschädigungsfrage sagte er: Da hätte man sich besser bedeckt gehalten.“Er gehe davon aus, dass die Gesellschaft entsprechende Prozesse verlieren werde und dann doppelt am Pranger stehe. Nach seiner Einschätzung liegt die ausreichende Personalausstattung in der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers.
Mehr Kulanz fordern die Reisebüros, die für Urlauber Stornierungen oder Umbuchungen vornehmen müssen, ohne dass der Mehraufwand vergütet wird. Die aktuellen Probleme dürften nicht auf dem Rücken der Reisebüros ausgetragen werden, erklärte der Branchenverband DRV. (mit dpa) Essen. Der kriselnde Energiekonzern RWE hat mit dem Börsengang seiner „grünen“Tochter Innogy einen Neuanfang geschafft und rund fünf Milliarden Euro eingenommen. Die stark nachgefragte Innogy-aktie startete mit 36 Euro. Der Innogybörsenwert liegt bei rund 20 Milliarden Euro. Damit steigt die Rwe-großtochter auf einen Schlag zum wertvollsten deutschen Energiekonzern auf.
Es ist der größte Börsengang in Deutschland seit dem Chiphersteller Infineon vor mehr als 16 Jahren. „Das ist ein super super Tag“, sagte RWE-CHEF Peter Terium an der Frankfurter Börse. „Aber das Rennen fängt erst an, die Herausforderungen sind groß.“
Innogy mit 40 000 der Rweweit bisher 60 000 Mitarbeiter bündelt das Zukunftsgeschäft des Konzerns mit Ökostrom, Netzen und Vertrieb. Die Führung übernimmt der bisherige Konzernchef Terium.
Nach der Abtrennung von Innogy will sich RWE im operativen Geschäft künftig auf das von der Energiewende schwer gebeutelte Großkraftwerksgeschäft und den Energiehandel konzentrieren. Darüber hinaus baut RWE auf hohe Dividenden von Innogy, die der Konzern etwa für seine Verpflichtungen beim Atomausstieg benötigt. Nach dem Börsengang wird RWE noch mindestens 75 Prozent der Innogy-anteile halten. Geplant ist, dass RWE auch langfristig Mehrheitseigentümer bleibt.
Die Aktien der Rwe-mutter fielen am Freitag deutlich. Das reine Geschäft mit konventioneller Energieerzeugung sei im Niedergang, sagte ein Analyst. „Über die hohe Nachfrage nach Innogy darf niemand vergessen, dass mit der alte RWE ein kranker Dinosaurier einer vergangenen Energieära zurückbleibt“, sagte Greenpeace-energieexperte Tobias Austrup.
„RWE ist nun noch weniger attraktiv als zuvor, und die Steuerzahler müssen fürchten, dass RWE seine hohen Verpflichtungen etwa für den Rückbau der Braunkohlegruben, nicht mehr alleine stemmen kann.“Von den fünf Milliarden Euro Börseneinnahmen fließen zwei Milliarden Innogy direkt für Zukunftsinvestitionen zu – unter anderem in den Netzausbau. (dpa)