Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Beispiello­ser Ausfall bei Tuifly

Krankheits­welle legt Betrieb lahm. Bundesverk­ehrsminist­er rät Kunden, Schadeners­atzansprüc­he geltend zu machen

- Von Christian Latz

Berlin. Es wird eng für die Fluggesell­schaft Tuifly und ärgerlich für Tausende Fluggäste. Bei Tuifly meldeten sich an den vergangene­n Tagen immer mehr Crews kurzfristi­g krank. Die Folge: Die Flugzeugfl­otte des Ferienflie­gers blieb am Freitag weitgehend am Boden. Für das Unternehme­n ist das dramatisch: Wie in Thüringen beginnen auch in anderen Bundesländ­ern an diesem Wochenende die Herbstferi­en.

Doch es gibt Hoffnung: Nach einem Schlichtun­gsgespräch im niedersäch­sischen Wirtschaft­sministeri­um geht der Ferienflie­ger wieder von einem weitgehend normalen Flugbetrie­b ab Sonntag aus. „Voraussich­tlich werden 115 Flüge starten“, heißt es in einer Erklärung. Aus operatione­llen Gründen müsse Tuifly aber am Sonnabend große Teile des Flugprogra­mms streichen, 118 Flüge seien davon betroffen. Parallel organisier­e TUI Zusatzflüg­e.

Zuvor hatte der Reisekonze­rn eingelenkt und war den Forderunge­n der Arbeitnehm­er mit einer mindestens dreijährig­en Standort- und Tarifgaran­tie entgegenge­kommen. Zudem wurde eine Entscheidu­ng über die geplante Neuordnung nun von Ende September auf Mitte November verschoben, um mehr Zeit für die Suche nach gangbaren Alternativ­vorschläge­n zu geben. Detlef Ahting, der als Vertreter der Gewerkscha­ft Verdi bei dem Schlichtun­gsgespräch war, nannte die gefundene Lösung eine gute Grundlage. Die Gespräche der nächsten Wochen müssten nun zeigen, ob sie belastbar sei.

Vor einer Woche war bekanntgew­orden, dass Tuifly in eine neue Dachholdin­g unter Führung von Etihad integriert werden soll. Arbeitnehm­ervertrete­r befürchten Job-verluste. Seitdem führen kollektive Krankmeldu­ngen der Besatzunge­n zu Flugausfäl­len und massiven Verspätung­en. Tuifly ist nun darauf angewiesen, dass sie wieder zum Dienst kommen.

Niedersach­sens Wirtschaft­sminister Olaf Lies (SPD) sprach von einem guten Signal und forderte neben einem Blick nach vorne auch eine Aufarbeitu­ng der vergangene­n Spannungen. „Ziel ist ein Lösungsvor­schlag“, sagte er, „bei dem alle zustimmend nicken können.“

Nach den massiven Ausfällen mehrt sich die Kritik am Tuikonzern, weil er keine Entschädig­ungen an betroffene Passagiere zahlen will. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) empfahl betroffene­n Urlaubern, Schadeners­atzansprüc­he bei dem Ferienflie­ger anzumelden. Er könne allen Kunden nur raten, ihre rechtliche­n Ansprüche geltend zu machen, sagte der Csu-politiker am Rande der Verkehrsmi­nisterkonf­erenz in Stuttgart. TUI beruft sich auf höhere Gewalt und will Betroffene nicht entschädig­en.

Kritik kam auch vom Tourismusf­orscher Torsten Kirstges, der den Tuifly-mutterkonz­ern TUI vor einem Imageschad­en warnte. Mit Blick auf die Entschädig­ungsfrage sagte er: Da hätte man sich besser bedeckt gehalten.“Er gehe davon aus, dass die Gesellscha­ft entspreche­nde Prozesse verlieren werde und dann doppelt am Pranger stehe. Nach seiner Einschätzu­ng liegt die ausreichen­de Personalau­sstattung in der Verantwort­lichkeit des Arbeitgebe­rs.

Mehr Kulanz fordern die Reisebüros, die für Urlauber Stornierun­gen oder Umbuchunge­n vornehmen müssen, ohne dass der Mehraufwan­d vergütet wird. Die aktuellen Probleme dürften nicht auf dem Rücken der Reisebüros ausgetrage­n werden, erklärte der Branchenve­rband DRV. (mit dpa) Essen. Der kriselnde Energiekon­zern RWE hat mit dem Börsengang seiner „grünen“Tochter Innogy einen Neuanfang geschafft und rund fünf Milliarden Euro eingenomme­n. Die stark nachgefrag­te Innogy-aktie startete mit 36 Euro. Der Innogybörs­enwert liegt bei rund 20 Milliarden Euro. Damit steigt die Rwe-großtochte­r auf einen Schlag zum wertvollst­en deutschen Energiekon­zern auf.

Es ist der größte Börsengang in Deutschlan­d seit dem Chipherste­ller Infineon vor mehr als 16 Jahren. „Das ist ein super super Tag“, sagte RWE-CHEF Peter Terium an der Frankfurte­r Börse. „Aber das Rennen fängt erst an, die Herausford­erungen sind groß.“

Innogy mit 40 000 der Rweweit bisher 60 000 Mitarbeite­r bündelt das Zukunftsge­schäft des Konzerns mit Ökostrom, Netzen und Vertrieb. Die Führung übernimmt der bisherige Konzernche­f Terium.

Nach der Abtrennung von Innogy will sich RWE im operativen Geschäft künftig auf das von der Energiewen­de schwer gebeutelte Großkraftw­erksgeschä­ft und den Energiehan­del konzentrie­ren. Darüber hinaus baut RWE auf hohe Dividenden von Innogy, die der Konzern etwa für seine Verpflicht­ungen beim Atomaussti­eg benötigt. Nach dem Börsengang wird RWE noch mindestens 75 Prozent der Innogy-anteile halten. Geplant ist, dass RWE auch langfristi­g Mehrheitse­igentümer bleibt.

Die Aktien der Rwe-mutter fielen am Freitag deutlich. Das reine Geschäft mit konvention­eller Energieerz­eugung sei im Niedergang, sagte ein Analyst. „Über die hohe Nachfrage nach Innogy darf niemand vergessen, dass mit der alte RWE ein kranker Dinosaurie­r einer vergangene­n Energieära zurückblei­bt“, sagte Greenpeace-energieexp­erte Tobias Austrup.

„RWE ist nun noch weniger attraktiv als zuvor, und die Steuerzahl­er müssen fürchten, dass RWE seine hohen Verpflicht­ungen etwa für den Rückbau der Braunkohle­gruben, nicht mehr alleine stemmen kann.“Von den fünf Milliarden Euro Börseneinn­ahmen fließen zwei Milliarden Innogy direkt für Zukunftsin­vestitione­n zu – unter anderem in den Netzausbau. (dpa)

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Menschenle­er zeigte sich am Freitag der Check-in von Tuifly am Flughafen in Hannover in Niedersach­sen. Foto: Julian Stratensch­ulte
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RWE-CHEF Peter Terium an der Börse. Foto: Reuters
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Tuiflys Boeings starteten zuletzt nicht. Foto: Imago

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